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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Pascual Jordan (1902-1980): <strong>Der</strong> gute Nazi 149<br />

<strong>Werner</strong> Heisenberg hatte Jordan im Übrigen geraten, auf Dinglers Angriffe –<br />

wenn überhaupt – ironisch zu antworten:<br />

„Wenn man sie überhaupt schriebe, müsste sie etwa so lauten: ‚Herr Dingler<br />

hat im Gegensatz zur bisherigen theor. Physik die richtige Methode, Physik<br />

zu treiben entdeckt. Wir freuen uns auf die grossen Entdeckungen, die er nun<br />

offenbar in der nächsten Zeit publizieren wird.‘“ 65<br />

Jordan hat diesen Rat offensichtlich nicht befolgt, sondern in der eben dokumentierten<br />

Art reagiert. Darüber hinaus versuchte er in der Folgezeit eine breite Allianz gegen<br />

Dingler & Co. zu schmieden, in die er u. a. Walther Gerlach <strong>und</strong> Paul Rosbaud<br />

einbeziehen wollte. Letzterer schlug im Sommer 1941 diesbezüglich vor, „eine offene<br />

Stellungnahme in Form einer kurz gehaltenen Denkschrift oder eines persönlichen<br />

Briefes an diejenige Stelle zu richten, die letzten Endes für alle Fragen zuständig<br />

ist.“ 66 Im folgenden Jahr kam es dann tatsächlich zu einer Denkschrift in<br />

dieser Sache, die allerdings von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG)<br />

<strong>und</strong> ihrem 1940 neu gewählten Präsidenten Carl Ramsauer getragen wurde. 67 Dass<br />

daran Jordan oder Rosbaud unmittelbar beteiligt waren, ist bislang nicht bekannt<br />

<strong>und</strong> eher unwahrscheinlich, denn engere Kontakte Jordans zur DPG oder zu Ramsauer<br />

sind nicht aktenk<strong>und</strong>ig, zumal Jordan damals nicht einmal Mitglied der DPG<br />

war.<br />

Trotz aller unerquicklichen Begleitumstände, die damals von NS-kritischen Kollegen<br />

durchaus wahrgenommen wurden, hat der Konflikt mit Dingler <strong>und</strong> der Deutschen<br />

Physik Jordan durchaus Anerkennung <strong>und</strong> Respekt bei seinen Physikerkollegen<br />

eingetragen, was nicht zuletzt in der Nachkriegszeit positive Wirkung zeigen<br />

sollte, weil der Konflikt als anti-nazistischer Widerstand uminterpretiert wurde. Aktuell<br />

führte dies aber dazu, dass sich Jordan damit <strong>und</strong> nicht zuletzt durch seine aggressive<br />

<strong>und</strong> unkonziliante Art persönliche Feinde in den weltanschaulich <strong>und</strong> ideologisch<br />

geprägten NS-Hierarchien schuf – namentlich in der Reichsstudenten- <strong>und</strong><br />

Dozentenführung sowie in der Person Fritz Kubachs. Diese verfügten in der zweiten<br />

Hälfte der dreißiger Jahre über erhebliche Macht <strong>und</strong> öffentlichen Einfluss, wovon<br />

das Berufungsgeschehen um die Sommerfeld-Nachfolge in München 68 <strong>und</strong> die<br />

Pressekampagne von Johannes Stark (1874-1957) <strong>und</strong> seinen Anhängern gegen die<br />

sogenannten „weißen Juden in der Wissenschaft“ im „Völkischen Beobachter“ sowie<br />

in der SS-Zeitschrift „Das schwarze Korps“ zeugen. 69 Die Auseinandersetzungen<br />

mit Dingler <strong>und</strong> den Vertretern der Deutschen Physik haben sicherlich auch die<br />

65 <strong>Werner</strong> Heisenberg an Pascual Jordan, Leipzig 5.2.1938. Staatsbibliothek zu Berlin. Preußischer<br />

Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachlass Pascual Jordan, Mappe 494.<br />

66 Paul Rosbaud an Pascual Jordan, Berlin 12.9.1941. Staatsbibliothek zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz,<br />

Handschriftenabteilung, Nachlass Pascual Jordan, Mappe 583.<br />

67 Vgl. Dieter Hoffmann, Die Ära Ramsauer, in: Dieter Hoffmann/Mark Walker (Hrsg.), Physiker<br />

zwischen Autonomie <strong>und</strong> Anpassung. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft im Dritten Reich.<br />

Weinheim 2007, 188ff.<br />

68 Vgl. Fredy Litten, Mechanik <strong>und</strong> Antisemitismus. München 2000.<br />

69 Vgl. Johannes Stark, ‚Weisse Juden‘ in der Wissenschaft. Das Schwarze Korps vom 15.7.1937;<br />

Anonym, Kehrseite der Medaille. Das Schwarze Korps vom 18.11.1937.

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