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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Die Studierenden der Rostocker Universität in der Zeit des Nationalsozialismus 169<br />

neuimmatrikulierten Juden keinesfalls den Anteil von Juden in der deutschen Bevölkerung<br />

(damals r<strong>und</strong> 1,5%) übersteigen. Für bereits immatrikulierte jüdische Hochschüler<br />

war der Prozentsatz auf maximal 5% festgelegt worden. 33<br />

In Rostock umfasste der Anteil der „Nichtarier“ gerade mal 0,8%. Gauleiter<br />

Friedrich Hildebrandt (1898-1948) machte jedoch deutlich, dass die als maximale<br />

Zahl anvisierte Angabe nicht ausgeschöpft werden müsse. 34 Dementsprechend wurden<br />

die in den nachfolgenden Monaten eingehenden zahlreichen Gesuche um Immatrikulation,<br />

die von anderen Universitäten kamen, deren Anteil über dem gesetzlichen<br />

Richtwert lag, in den meisten Fällen abgelehnt. 35 Häufig auch mit der – wohl<br />

kaum übertriebenen – Erklärung, dass es nicht ratsam sei, sich „als Nichtarier an<br />

einer kleinen Universität wie Rostock“ einzuschreiben, da man sehr leicht die Aufmerksamkeit<br />

auf sich zöge. 36 Von den eingangs 28 jüdischen Hochschülern hatten<br />

18 die Hochschule zum Wintersemester 1933/34 verlassen. Im Jahr 1935 verzichtete<br />

der letzte hier eingeschriebene „Volljude“ (aus Bulgarien stammend) auf seine<br />

Rechte. 37<br />

Mit der von der Deutschen Studentenschaft (DSt) unter dem Leitspruch „wider<br />

den <strong>und</strong>eutschen Geist“ initiierten großangelegten Bücherverbrennung am 10. Mai<br />

1933 war der Höhepunkt der studentischen Ausschreitungen erreicht. 38<br />

Wie in vielen anderen Universitätsstädten wurde auch in Rostock vor dem Hauptgebäude<br />

ein sogenannter „Schandpfahl“ errichtet, an dem nationalsozialistische Studenten<br />

Werke jüdischer, pazifistischer <strong>und</strong> kommunistischer Autoren angebracht<br />

hatten, 39 die beim anschließenden „Festakt“ am 10. Mai 1933 öffentlich verbrannt<br />

33<br />

Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen <strong>und</strong><br />

Hochschulen vom 25. April 1933, in: Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, 226; UAR, R11B1/3, Immatrikulationsbestimmungen,<br />

Mai 1933.<br />

34<br />

UAR, R11B11/1, Schreiben vom 7.9.1933; selbiges Schreiben auch in: UAR, R11B1/3.<br />

35<br />

UAR, R11B11/1. In dieser Akte befinden sich zahlreiche – zum Teil bewegende – Briefe jüdischer<br />

Studierender, in denen zumeist um eine Immatrikulationserlaubnis gebeten wurde.<br />

36<br />

UAR, R11B11/1, Schreiben vom 2.5.1934; Schreiben vom 3.9.1934; Schreiben vom 5.9.1936.<br />

37<br />

Jüdische Studierende an der Rostocker Universität im Sommersemester 1933 <strong>und</strong> im Wintersemester<br />

1933/34<br />

Semester Jüdisch Jüdisch Jüdisch Jüdisch<br />

100 % 75 % 50 % 25 %<br />

SS 1933 9 1 8 10<br />

WS 1933/34 5 1 4<br />

Quelle: UAR, R11B11/2, hierin enthalten: Zählerkarten für nichtjüdische <strong>und</strong> jüdische Studenten<br />

1933/34.<br />

38<br />

Zu diesem Thema beispielsweise: Gerhard Sauder (Hrsg.), Die Bücherverbrennung. Zum 10.<br />

Mai 1933. München/Wien 1983; Theodor Verweyen, Bücherverbrennungen: eine Vorlesung aus<br />

Anlaß des 65. Jahrestages der „Aktion wider den <strong>und</strong>eutschen Geist“. Heidelberg 2000; <strong>Werner</strong><br />

Treß, „Wider den <strong>und</strong>eutschen Geist“: Bücherverbrennung 1933. Berlin 2003; Julius H.<br />

Schoeps/<strong>Werner</strong> Treß (Hrsg.), Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. Hildesheim<br />

2008.<br />

39<br />

Unter ihnen Werke von Magnus Hirschfeld, Kurt Tucholsky, Stephan Zweig, Lion Feuchtwanger<br />

<strong>und</strong> Erich-Maria Remarque. Dazu Rostocker Anzeiger vom 5.5.1933; Hans-Wolfgang Strätz,<br />

Die Studentische „Aktion wider den <strong>und</strong>eutschen Geist“ im Frühjahr 1933, in: Hans

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