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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Dieter Hoffmann<br />

Mitteln), Wiederherstellung deutscher (militärischer <strong>und</strong> ökonomischer) Macht <strong>und</strong><br />

Größe, Antisemitismus –, fast alle in Jordans Schriften wieder finden. Lediglich die<br />

antisemitischen NS-Stereotype jener Zeit werden von Jordan nicht bedient – zumindest<br />

nicht in seinen Publikationen <strong>und</strong> anderen öffentlichen Äußerungen. Ob dies<br />

auf seine akademische Sozialisation in Göttingen zurückzuführen ist, wo als Jude<br />

nicht nur Max Born zu seinen Lehrern gehörte, oder familiäre Prägungen bzw.<br />

ethisch-moralische Überzeugungen dafür bestimmend waren, lässt sich rückblickend<br />

nicht mehr ergründen; zumal es von Jordan selbst dazu keine Stellungnahmen<br />

gibt. Hingegen ist dokumentiert, dass Jordan im April 1933 seinen Lehrer Max<br />

Born <strong>und</strong> James Franck in Göttingen besuchte <strong>und</strong> sich dabei kritisch über die Entlassungsmaßnahmen<br />

geäußert haben soll. Letzteres geht aus einer Briefnotiz von<br />

Jordans Mutter an dessen Schwester über diesen Besuch hervor:<br />

„P. ist ausser sich, er sagt, Leute, die der Fakultät Weltruhm erworben haben,<br />

sollen fort <strong>und</strong> können nicht ersetzt werden [...[ Er hat auf dem Schreibtisch<br />

eine Disposition liegen, anscheinend will er irgendeinen Schritt tun, der<br />

ihm hoffentlich nicht selbst den Hals bricht.“ 36<br />

Dies ist offenbar nicht geschehen, <strong>und</strong> ob bzw. wie Jordan seine persönlichen Betroffenheit<br />

über die Vertreibungsmaßnahmen auch öffentlichen Ausdruck verliehen<br />

hat, darüber ist Konkretes nicht bekannt. Glaubt man einem Brief Hans Kopfermanns<br />

(1895-1963) vom 23. Mai 1933, dann waren damals ohnehin „alle an der<br />

Wissenschaft Beteiligten gegen die antisemitischen Massnahmen der Regierung [...]<br />

abgesehen von einigen überzeugten Nationalsozialisten <strong>und</strong> einer geringen Zahl<br />

von Leuten, die hoffen, nun zu Amt <strong>und</strong> Würden zu kommen“. 37<br />

Folgt man Jordans eigenen Bek<strong>und</strong>ungen, so hat er 1933 nicht nur gegen die<br />

Entlassung seiner jüdischen Lehrer <strong>und</strong> Kollegen opponiert, sondern damals auch<br />

selbst die Emigration erwogen. In einem Brief an Niels Bohr vom Mai 1945 nennt<br />

er an Gründen, die ihn schließlich zum Bleiben veranlasst hätten:<br />

„1) I rather could not depart with my old mother (she died in 1942).<br />

2) My known Sprachfehler (12 years ago much worse than today) made me<br />

many difficulties in profession and in daily life. These difficulties were to<br />

multiply abroad.<br />

3) I doubted me as an eventual voluntary emigrant to be justified to charge<br />

the organisation created for helping those who were inevitably forced to emigrate.<br />

4) I believed to a false theory about the probable evolution of the nazists<br />

party after 1933. I thought the radicalism shown at the beginning would<br />

evade with time and a tolerable situation would return by steps after some<br />

years; I hoped to be able to accelerate this evolution to a certain little extent.<br />

36 Pascual Jordan an Max Born, Hamburg 15.8.1948 mit Abschrift eines Briefes der Mutter Jordans<br />

vom 20.4.1933. Staatsbibliothek zu Berlin. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung<br />

Nachlass M. Born, Nr. 353, Bl. 9 r. (Nachdruck in: Dieter Hoffmann, Pascual Jordan im<br />

Dritten Reich – Schlaglichter. Preprint 248, MPI für Wissenschaftsgeschichte, Berlin 2003, 37).<br />

37 Hans Kopfermann an Niels Bohr, Kopenhagen 23.5.1933. Niels Bohr Archive Copenhagen.

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