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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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144<br />

Dieter Hoffmann<br />

Noch stärker war ein Aufsatz des Herausgebers Kurt Hildebrandt (1881-1966)<br />

mit Jordan ins Gericht gegangen. 43 Er setzte sich kritisch mit Jordans Wissenschaftsbegriff<br />

auseinander <strong>und</strong> griff insbesondere seinen dezidierten Positivismus<br />

an. Auch wenn die Auseinandersetzung weitgehend auf einer erkenntnistheoretischphilosophischen<br />

Ebene verblieb <strong>und</strong> den akademischen Diskurs kaum verließ, wird<br />

die weltanschauliche Stoßrichtung des Beitrags in solchen Feststellungen des Autor<br />

deutlich, „daß hinter dem Positivismus der Gegenwart die große Weltmüdigkeit, der<br />

sinkende Lebenstrieb steht“ <strong>und</strong> „daß die objektive Wissenschaft nicht leidet, sondern<br />

nur fruchtbringender sich entfaltet, wenn sie sich einordnet in das schöpferische<br />

Geistesleben, das nicht auf die Persönlichkeit des Einzelnen <strong>und</strong> des Volkes<br />

verzichten kann.“ 44<br />

Weitere kritische Beiträge der Zeitschrift 45 trugen dazu bei, dass sich Jordan als<br />

bevorzugtes Angriffsziel dieser ideologisch <strong>und</strong> politisch einflussreichen Gruppe<br />

herausgestellt fühlte – wie er wohl insgesamt in dieser Kritik „den Versuch einer<br />

politischen Diffamierung der gesamten mathematisch-physikalischen Forschung<br />

[sah]“. 46 Da ihm nicht zuletzt die politischen Implikationen der Hildebrandtschen<br />

Kritik bewusst waren, nahm er den Fehdehandschuh auf <strong>und</strong> stellte in der Mecklenburger<br />

Studentenzeitschrift unter der Überschrift „Olympiade der Wissenschaft“<br />

polemisch klar:<br />

„Aber in der Naturwissenschaft ist es bis heute noch möglich geblieben, daß<br />

veraltete Theorien <strong>und</strong> verschimmelte Hypothesen aus dem vorigen Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

von neuem aufgetischt <strong>und</strong> als spezifisch zeitgemäß erklärt werden –<br />

ohne daß, wie es sein müsste, ein ges<strong>und</strong>es Gelächter die einzig passende<br />

Antwort gibt <strong>und</strong> derartige Urgroßväterbärte abrasiert.“ 47<br />

In den Vorbemerkungen zu seinem Buch „Physikalisches Denken in der neuen Zeit“<br />

hatte er diesbezüglich ebenfalls sehr deutliche Worte gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sich zudem als<br />

der bessere Nationalsozialist herausgestellt:<br />

„[...] es scheint doch eine kurze Antwort angebracht auf das Bestreben, ein<br />

Vergnügen an einer Diffamierung der mathematisch-physikalischen Forschung<br />

ausgerechnet als angebliche Konsequenz nationalsozialistischer Einstellung<br />

hinzustellen. Wir leben im Zeitalter des technischen Krieges: Ein<br />

Versuch der Sabotage an Deutschlands führender Stellung auf dem Gebiete<br />

der mathematisch-physikalisch-chemischen Forschung muß deshalb nach<br />

denselben Gr<strong>und</strong>sätzen beurteilt werden, die auch für die Beurteilung jeder<br />

43<br />

Kurt Hildebrandt, Positivismus <strong>und</strong> Natur. In: Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft 1<br />

(1935/36), 1-22.<br />

44<br />

Ebd., 18/19.<br />

45<br />

Kurt Hildebrandt, Positivismus <strong>und</strong> Vitalismus. In: Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft<br />

1 (1935/36), 242-243.<br />

46<br />

Pascual Jordan, Physikalisches Denken in der neuen Zeit. Hamburg 1935, 9.<br />

47<br />

Pascual Jordan, Olympiade der Wissenschaft. In: <strong>Der</strong> Student in Mecklenburg-Lübeck v.<br />

5.12.1936, S. 8 (Nachdruck in: Dieter Hoffmann, Pascual Jordan im Dritten Reich – Schlaglichter.<br />

Preprint 248, MPI für Wissenschaftsgeschichte Berlin 2003, 20-21).

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