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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Die Studierenden der Rostocker Universität in der Zeit des Nationalsozialismus 177<br />

wahrnahm. Notwendigerweise begann sich das Aufgabenfeld der Professorenschaft<br />

mit dem Fortgang des Krieges über die rein wissenschaftliche Betreuung hinaus<br />

auch auf eine emotionale Fürsorge auszuweiten. 75 Die vom Krieg beurlaubten, abkommandierten<br />

oder versehrten Hochschüler erneut in den Universitätsalltag einzuführen,<br />

war sehr schwer, da viele Betroffene nicht nur mit Lernschwierigkeiten bei<br />

verpassten Unterrichtsinhalten zu kämpfen hatten, sondern auch mit zuweilen<br />

schlimmen Fronterlebnissen, die die Bedeutsamkeit des Studiums hinanstehen ließen.<br />

Die ursprüngliche Begeisterung der Jugendlichen, die in der Mehrzahl den Regierungswechsel<br />

von 1933 befürwortet hatten, wich nun dem schieren Überlebenskampf.<br />

Gegen Ende des Krieges war einem geregelten Hochschulalltag kaum noch<br />

nachzukommen. Die Rostocker Universität litt unter einer unzureichenden Stromversorgung<br />

<strong>und</strong> fehlendem Heizmaterial. Gegen Ende 1944 beispielsweise forderte<br />

der Rektor seine Kollegen in einem R<strong>und</strong>schreiben dazu auf, „die Vorlesungen <strong>und</strong><br />

Übungen soweit wie nur möglich auf die Tagesst<strong>und</strong>en zu konzentrieren“, um<br />

Strom- <strong>und</strong> Heizkosten zu sparen. 76 Überdies fanden Spinnstoffsammlungen statt,<br />

bei denen möglichst alle Stoffe – ausgenommen die Fahnen <strong>und</strong> Verdunklungsvorhänge<br />

– zur Herstellung von Uniformen <strong>und</strong> Zivilkleidung abgegeben werden sollten.<br />

77 Die Universität spendete diesbezüglich unter anderem die Talare der Professoren,<br />

die Zugrollos, die Vorgardinen des Konzilzimmers oder auch die Tischdecken<br />

des Rektors. 78 Überdies war die Anschaffung von Fachbüchern <strong>und</strong> anderem notwendigen<br />

Studienmaterial häufig aussichtslos. Erschwerend kam hinzu, dass viele<br />

Fachbibliotheken geschlossen werden mussten <strong>und</strong> einzelne Universitätsgebäude<br />

zerstört worden waren. 79 Zum Schluss dominierte an der Universität das Bild von<br />

überlasteten Professoren <strong>und</strong> erschöpften Studenten, von denen womöglich jeder mit<br />

seinen persönlichen traumatischen Kriegserfahrungen zu kämpfen hatte. 80<br />

75<br />

Dazu beispielsweise: Ulrich Gmelin (bevollmächtigter Vertreter des Reichsstudentenführers), In<br />

der St<strong>und</strong>e der Entscheidung, in: <strong>Der</strong> Deutsche Hochschulführer, hrsg. vom Reichsstudentenwerk,<br />

Berlin 1943, 31-36, 31 ff.<br />

76<br />

UAR, R7F1, R<strong>und</strong>schreiben vom 25.11.1944; selbiges Schreiben auch in: UAR, R7A1/1; UAR,<br />

R7F1, R<strong>und</strong>schreiben vom 5.12.1944. Diese Anweisung konnte nicht immer eingehalten werden –<br />

auch wenn die Mehrzahl der Universitätsmitglieder darum bemüht war –, da sich unter den Studierenden<br />

zahlreiche Berufstätige befanden, die auf den Unterricht in den Abendst<strong>und</strong>en angewiesen<br />

waren.<br />

77<br />

Rostocker Anzeiger vom 5.5.1944, „Spinnstoffsammlung“; UAR, R2Q1, Schreiben vom<br />

19.1.1945.<br />

78<br />

UAR, R2Q1, Handschriftliche Notiz vom 17.2.1945.<br />

79<br />

Beim Angriff auf Rostock im April 1942 wurde beispielsweise das Haus vernichtet, in dem sich<br />

das Institut für Wirtschaftsraumforschung <strong>und</strong> das Niederdeutsche Seminar befanden. Auch das<br />

Universitätskrankenhaus für Innere Medizin, die Hautklinik <strong>und</strong> das Physiologisch-chemische<br />

Institut wurden stark zerstört. Dazu UAR, R4C8/3, Bericht des Rektors vom 31.3.1944, 5.<br />

80<br />

UAR, R7F1 R<strong>und</strong>schreiben vom 25.5. 1944; UAR, R2Q1, Handschriftliche Notiz vom 17.2.<br />

1945.

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