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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Dieter Hoffmann<br />

Dass solche militaristischen Sprüche damals keineswegs selbstverständlich waren,<br />

<strong>und</strong> schon gar nicht in akademischen Kreisen, macht eine Rezension des Buches<br />

durch Rembert Ramsauer (1910-1955) deutlich. Dieser, als Vertreter der sogenannten<br />

Deutschen Chemie ein Nazi-Aktivist ganz anderen Typs 29 , kritisierte Jordans<br />

Ansicht, den Krieg zur objektiven Probe für die Höhe wissenschaftlicher<br />

Kenntnisse der Völker hoch zu stilisieren, als „sinnzerstörenden Gedanken“:<br />

„Wenn echte Kultur <strong>und</strong> Geistigkeit nicht ist, mag es als Antrieb zu wissenschaftlicher<br />

Forschung wohl nichts anderes geben als individuelle Freude<br />

beim Einzelnen <strong>und</strong> Kriegabsichten der Staatsführung. Aber einmal abgesehen<br />

von solcher Verkennung des Wesens völkischer Kultur, - wird bei solcher<br />

Begründung des Wertes der Wissenschaft ‚in der neuen Zeit‘ das Ausland<br />

Jordan die ‚h<strong>und</strong>ertprozentige Friedensliebe‘ (S. 51) Deutschlands glauben<br />

können?“ 30<br />

Sechs Jahre später, als Nazi-Deutschland den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen<br />

hatte <strong>und</strong> die deutsche Blitzkriegsstrategie vermeintliche Triumphe feierte,<br />

wird Jordan im Vorwort zu seiner Schrift „Die Physik <strong>und</strong> das Geheimnis des organischen<br />

Lebens“ noch deutlicher <strong>und</strong> macht sich sogar zum Propagandisten der Aggression,<br />

wenn er schreibt: „[...] wir sind nicht gewillt in der Verknüpfung zwischen<br />

Wissenschaft <strong>und</strong> militärischer Gewalt einen Missbrauch zu sehen, nachdem militärische<br />

Macht ihre zwingende, aufbauende Kraft im Schaffen eines neuen Europas<br />

erwiesen hat.“ 31 Jordan hat sein Engagement für den „neuen Staat“ aber keineswegs<br />

auf die Propagierung der wehrpolitischen Notwendigkeiten wissenschaftlicher Forschung<br />

beschränkt, vielmehr fiel seiner Meinung nach<br />

„den Akademikern von heute die Aufgabe zu, diese Notwendigkeiten wissenschaftlicher<br />

Forschung aus dem Sinn des neuen Staates heraus neu zu begreifen,<br />

<strong>und</strong> sie in lebendige Beziehung zu den Inhalten <strong>und</strong> Aufgaben dieses<br />

neuen Staates zu setzen“. 32<br />

Zu diesen Aufgaben <strong>und</strong> Inhalten zählte Jordan vor allem den „Vierjahresplan deutscher<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> deutscher Technik“. Dieser 1936 inaugurierte Plan sollte<br />

Deutschlands Entwicklung zu einem autarken Wehrstaat beschleunigen, d. h. die<br />

Autarkie bei Roh- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>stoffen sichern <strong>und</strong> die deutsche Wirtschaft <strong>und</strong><br />

29 Martin Bechstedt, „Gestalthafte Atomlehre“. Zur „Deutschen Chemie“ im NS-Staat, in: Herbert<br />

Mehrtens/Steffen Richter (Hrsg.): Naturwissenschaft, Technik <strong>und</strong> NS-Ideologie. Frankfurt/Main<br />

1980, 149ff.<br />

30 Rembert Ramsauer, Besprechung von: Jordan, Pascual, Physikalisches Denken in der neuen<br />

Zeit, in: Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft 1(1935/36), 343.<br />

31 Pascual Jordan, Die Physik <strong>und</strong> das Geheimnis des organischen Lebens. Braunschweig 1941, 9.<br />

32 Pascual Jordan, Die Wandlung der Universität. Rostocker Universitäts-Zeitung vom 9.5.1933, 4<br />

(Nachdruck in: Dieter Hoffmann, Pascual Jordan im Dritten Reich – Schlaglichter. Preprint 248,<br />

MPI für Wissenschaftsgeschichte. Berlin 2003, 29).

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