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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Peter Th. Walther<br />

Im Jahre 1938 gewann das deutsche Hochschulsystem mit dem „Anschluss“ Österreichs<br />

neue Konturen: Berlin hatte plötzlich einen ernst zu nehmenden Konkurrenten<br />

in Wien. Die seit 1937 laufende Planung für eine Hochschulstadt Berlin, die<br />

neben Neubauten für die Militärärztliche Akademie, das Arbeitswissenschaftliche<br />

Institut der Deutschen Arbeitsfront <strong>und</strong> die Wehrtechnische Forschungsanstalt der<br />

Wehrmacht 25 die Zusammenlegung der Berliner Hochschulen – Universität, Technische<br />

Hochschule <strong>und</strong> Wirtschafts-Hochschule – vorsah <strong>und</strong> die als Adolf-Hitler-<br />

Universität eröffnet werden sollte, wurde bereits im Mai 1938 durch die Planung für<br />

einen ähnlich opulenten Ausbau des akademischen Wiens ergänzt, dessen Bauskizzen<br />

1942 vorlagen <strong>und</strong> gleich ad acta gelegt wurden. Auch die Berliner Planungen<br />

wurden 1942 eingestellt. Graz, das etwas verklausuliert um die Verleihung des Namens<br />

Adolf Hitler gebeten hatte, wurde vertröstet, denn bei den Berliner Planungen<br />

hatte man vergessen, Hitler um seine Zustimmung zu bitten, <strong>und</strong> konnte Graz daher<br />

auch nicht sagen, dass der Name bereits vergeben sei. Und Rostock? Rostock rangelte<br />

nun nicht nur wie früher mit Giessen, sondern auch mit Innsbruck um den<br />

rangniedrigsten Platz in der Universitätshierarchie. Dass der 1934 von Heidelberg<br />

nach Wien gegangene Rechtshistoriker Heinrich Mitteis (1889-1952) 1939 nach<br />

Rostock strafversetzt wurde, mag als Indikator genügen. An der „gefühlten“ oder<br />

tatsächlichen Rangfolge der Universitäten änderte sich wohl wenig. Als 1942 die<br />

Nachfolge des Neu-Germanisten Julius Petersen (1878-1941) in Berlin zu regeln<br />

war, kam es zu einer heftigen Kontroverse, die – was völlig unüblich ist – der Dekan<br />

Hermann Grapow (1885-1967) auch jenseits der sonst üblichen Formulierung „nach<br />

eingehender Aussprache beschlossen die Herren folgende Dreierliste“ protokolliert<br />

<strong>und</strong> überliefert hat: der zweite Germanist Franz Koch (1888-1969) wollte auf den<br />

Petersenschen Lehrstuhl nachrücken <strong>und</strong> auf seine Professur den Rostocker Willy<br />

Flemming (1888-1980) holen, was seinen altgermanistischen Kollegen Julius<br />

Schwietering (1884-1962) zu der doch wenig schmeichelhaften Bemerkung veranlasste,<br />

dass „Flemming(s) [Kompetenzen] zu eng [seien]“ <strong>und</strong> er „[deshalb] in Rostock<br />

[säße].“ 26 Das Ministerium berief den damals besten jungen Mann, den Petersen-Schüler<br />

Hans Pyritz (1905-1958), der aus seiner gerade angetretenen Professur<br />

in Königsberg nach Berlin zurückgeholt wurde.<br />

Bei Kriegsbeginn gab es an deutschen Hochschulen nur eine kurze Unterbrechung<br />

des Studienbetriebs, ganz im Gegensatz zu Großbritannien. Während die Umstellung<br />

von Semestern auf Trimester eine Episode blieb, begann mit den Einberufungen<br />

der Männer das Nachrücken der Frauen in fast alle akademischen Bereiche<br />

unterhalb der Professuren. Dass die Habilitationsordnungen bei enger Auslegung mit<br />

ihren obligatorischen paramilitärischen Lagern Frauen nicht vorsahen, war zwar auf<br />

25 Dieser Gebäudekomplex, der anfangs zur Tarnung als Wehrtechnische Fakultät der Technischen<br />

Hochschule firmierte, wurde im Rohbau fertig gestellt <strong>und</strong> nach 1945 unter dem Trümmerberg<br />

„Teufelsberg“ begraben.<br />

26 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Archiv, NL Hermann Grapow, 4: Besetzung<br />

der Stelle von Petersen. Unterstreichungen <strong>und</strong> andere Markierungen Grapows sind hier<br />

nicht berücksichtigt.

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