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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Forschungsförderung im Nationalsozialismus 123<br />

die Gelder, die für die Tumorforschung wie für die allgemeine medizinische Forschung<br />

vorgesehen waren. 28 Obwohl der Reichsforschungsrat im Zuge der Aufrüstungs-<br />

<strong>und</strong> Kriegsvorbereitung eingeführt worden war, hatte die Neupositionierung<br />

der DFG für die Forschungsarbeit der medizinischen Wissenschaftler bis etwa Ende<br />

1942, als sich die Rationierungswirtschaft im gesamten Wissenschaftsbetrieb stärker<br />

bemerkbar machte, keine gravierenden Konsequenzen.<br />

Die von den Wissenschaftlern meist noch an die „Notgemeinschaft“ oder die<br />

„Forschungsgemeinschaft“ adressierten Anträge auf Forschungsförderung wurden<br />

zwischen 1936 <strong>und</strong> 1945 beim nun zuständigen Reichsforschungsrat immer noch<br />

von demselben DFG-Fachreferenten für Medizin entgegengenommen, der 1938 eingestellt<br />

worden war <strong>und</strong> auch stets sein DFG-internes Aktenkürzel beibehielt. Anstelle<br />

der bis zur Einführung der neuen DFG-Satzung im Oktober 1937 tätigen<br />

Fachgutachter bearbeitete aber nun Ferdinand Sauerbruch (1875-1951) als Fachspartenleiter<br />

für „Allgemeine Medizin“ die Anträge allein verantwortlich. Die Antragsteller<br />

<strong>und</strong> Antragstellerinnen erhielten ab dem Frühjahr 1937 zwei Schreiben bzw.<br />

ein Schreiben mit zwei Unterschriften, wenn ihr Antrag positiv beschieden worden<br />

war. Da der Reichsforschungsrat weder über eine eigene Rechtspersönlichkeit noch<br />

eigene Finanzmittel verfügte, konnte der Fachspartenleiter des Reichsforschungsrates<br />

die Unterstützungen zwar bewilligen, aber erst das Anweisungsschreiben der<br />

DFG sorgte für die Überweisung der zugesagten Gelder aus dem DFG-Etat. Die<br />

DFG war <strong>und</strong> blieb auch während der NS-Zeit die rechtmäßige Empfängerin der<br />

Reichsmittel, die zu über 90 Prozent ihren Etat für Forschungsförderung bildeten.<br />

Strukturelle Kontinuitäten, die auch noch nach der Reorganisation des Reichsforschungsrates<br />

1942/43 existent waren, finden sich vor allem im Verfahren der Bewilligung<br />

von Forschungsprojekten, in der Person des Referenten für Medizin, aber<br />

auch in der gemeinsam von DFG <strong>und</strong> Reichsforschungsrat genutzten Hausanschrift:<br />

Vom Schloss in Berlin zog die DFG 1936 zunächst an den Matthäikirchplatz 6, dann<br />

in die Grunewaldstrasse 35 in Berlin Steglitz.<br />

Dass auch die Personal-Stammkarten der DFG gemeinsam für die späteren nebenamtlichen<br />

Mitarbeiter des Reichsforschungsrates genutzt wurden, illustriert mein<br />

Zufallsf<strong>und</strong> der Stammkarte von Wolfram Sievers (1905-1948) im Archiv der DFG<br />

in Bonn. Hauptamtlich war Sievers Geschäftsführer der SS-Stiftung „Ahnenerbe“,<br />

<strong>und</strong> in dieser Funktion versorgte der SS-Obersturmbannführer bevorzugt die beiden<br />

Medizinverbrecher August Hirt (1898-1945) <strong>und</strong> Sigm<strong>und</strong> Rascher (1909-1945) mit<br />

Material <strong>und</strong> Geräten aus dem DFG-Apparateausschuss. Nebenamtlich vertrat Wolfram<br />

Sievers seit Mitte 1943 den Leiter des Geschäftsführenden Beirats des Reichsforschungsrates,<br />

den DFG-Präsidenten <strong>und</strong> SS-Brigadeführer Prof. Dr. Rudolf<br />

Mentzel (1900-1987) – eine Tätigkeit, für die Sievers eine monatliche Aufwandsentschädigung<br />

von 200 RM erhielt.<br />

28 Im Jahr 1941/42 handelte es sich insgesamt um r<strong>und</strong> 150 Projekte, die in den drei medizinischen<br />

Fachgliederungen bewilligt worden waren, darunter 125 in der Fachsparte Allgemeine Medizin, 15<br />

in der Fachsparte Wehrmedizin <strong>und</strong> 10 in der Fachsparte Erbbiologie.

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