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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Schöner Neuer Mensch 197<br />

Die Beurteilung über die Weimarer Republik ist im Hinblick auf das Thema deshalb<br />

interessant, da spätestens mit der Umgestaltung jener Mischform aus präsidentieller<br />

<strong>und</strong> parlamentarischer Republik in eine NS-faschistische Diktatur die beschriebene<br />

Breite im gesellschaftlichen Diskurs verloren ging. Die Gleichschaltung<br />

der staatlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Institutionen, die Verfolgung <strong>und</strong> Ermordung<br />

von Kommunisten <strong>und</strong> Sozialdemokraten, die Einschüchterung <strong>und</strong> Ausschaltung<br />

unterschiedlicher oppositioneller Bewegungen <strong>und</strong> die Erniedrigung <strong>und</strong> Diffamierung<br />

gesellschaftlicher Minderheiten kennzeichnen die erste Phase der NSfaschistischen<br />

Epoche. Auch aus ideengeschichtlicher Perspektive ist jene Zeit als<br />

eine Phase der (ideologischen) Verengung, der Aus- beziehungsweise der Gleichschaltung<br />

breiter Auffassungen <strong>und</strong> Vorstellungen <strong>und</strong> auch der Instrumentalisierung<br />

verschiedener Ideen für die Sache des deutschen Faschismus zu verstehen.<br />

Dass auch utopische Entwürfe vor einem solchen gesellschaftlichen Hintergr<strong>und</strong><br />

in bestimmten Grenzen entstanden oder rezipiert wurden, sie sich der Bewegung<br />

des NS-Faschismus in gewisser Weise unterzuordnen hatten oder diese aufgriffen,<br />

scheint verständlich. Insofern muss die Zeit ab 1933 als eine Phase begriffen werden,<br />

in der die einstige Offenheit der Weimarer Republik, die Zeit der Möglichkeiten,<br />

in eine Zeit zunehmender politischer Verengung <strong>und</strong> Verfolgung mündete.<br />

(2) Dass sich utopisch-anthropologische Vorstellungen nicht nur auf die jeweilige<br />

gesellschaftliche Gegenwart, sondern auch auf eine ideengeschichtliche Vergangenheit<br />

beziehen <strong>und</strong> daraus schöpfen, wurde schon betont. Doch welche Quellen<br />

lassen sich für die faschistischen Entwürfe des Dritten Reichs benennen? Sowohl<br />

der Staat als auch andere gesellschaftliche Akteure des faschistischen Deutschlands<br />

bedienten sich aus ganz unterschiedlichen Bereichen vergangenen Schaffens <strong>und</strong><br />

Denkens. So dienten nicht nur offen rassistische <strong>und</strong> antisemitische Vordenker als<br />

programmatische Bezugspunkte für die NS-faschistische Bewegung <strong>und</strong> deren<br />

Sympathisanten. Es wurde sich in einem hohen Maße ebenso auf Denkstile bezogen,<br />

deren jeweils eigener Anspruch denen der faschistischen Bewegung in Teilen<br />

sogar entgegengesetzt war: Gemeint sind hier etwa naturwissenschaftliche Denkstile<br />

<strong>und</strong> der Glaube an den technischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Fortschritt, aber auch<br />

die christliche Religion <strong>und</strong> die mit ihr einhergehenden Heilsversprechungen. Dieses<br />

gesamte Spektrum kann an dieser Stelle nicht dargestellt werden. Es werden daher<br />

im Folgenden exemplarisch drei Vertreter <strong>und</strong> deren Werk vorgestellt, die im<br />

besonderen Maße faschistisches Denken, faschistische Sprache <strong>und</strong> vor allem faschistisches<br />

Handeln im Dritten Reich prägten, teils sogar vorweg nahmen. Jene<br />

Vertreter sind: <strong>Der</strong> deutsche Philosoph, Dichter <strong>und</strong> Philologe Friedrich Nietzsche<br />

(1844-1900), der französische Diplomat <strong>und</strong> Schriftsteller Joseph Arthur Comte de<br />

Gobineau (1816-1882) sowie der britische Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain<br />

(1855-1925).<br />

Dass Nietzsche für das faschistische Deutschland trotz aller nachträglichen Relativierungsunternehmungen<br />

für jene Diktatur ein umfassendes Portfolio an Begrifflichkeiten<br />

<strong>und</strong> sprachlichen Ästhetiken bereithielt, kann nicht bestritten werden.

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