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Der Hygieniker und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath

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Pascual Jordan (1902-1980): <strong>Der</strong> gute Nazi 143<br />

When I had to convince myself that on the contrary the tendencies grew<br />

more and more radical, there remained no possibility to emigrate.“ 38<br />

Angesichts der oben zitierten Passagen aus den Jordanschen Schriften jener Zeit<br />

fällt es schwer, dieser Argumentation zu folgen, <strong>und</strong> sie ist wohl eher als eine jener<br />

allzu bekannten Schutzbehauptungen der Nachkriegszeit zu werten. <strong>Der</strong> am Schluss<br />

angeführte Punkt 4) kommt wahrscheinlich der historischen Wahrheit am nächsten,<br />

implizit spiegelt sich darin eben jene Faszination, die der Nationalsozialismus <strong>und</strong><br />

nicht zuletzt die Person Adolf Hitler (1889-1945) damals zweifellos auf Jordan ausgeübt<br />

hat <strong>und</strong> womit Jordan keineswegs allein dasteht. Was ihn von anderen Zeitgenossen<br />

unterscheidet, ist sein propagandistisches Eintreten für die politischen<br />

Ziele des Nationalsozialismus. Dieses Eintreten brachte ihn im Übrigen auch in<br />

Konflikt mit einigen Parteistellen <strong>und</strong> insbesondere mit konservativen bzw. radikalen<br />

Strömungen in der Partei. Weniger mit der Partei als solcher <strong>und</strong> ihren gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Zielen, wollte er doch – wie er selbst gegenüber Bohr feststellt 39 – zur<br />

Evolution bzw. Ent-Radikalisierung der NSDAP beitragen <strong>und</strong> mit seinem Eintreten<br />

für die NSDAP – wie Jordans Mutter 1933 schrieb 40 – „einiges Unheil verhüten“.<br />

Dabei ging es Jordan nicht nur darum, einige Überspitzungen der Parteipolitik abzumildern,<br />

sondern vor allem das Potential der Moderne <strong>und</strong> nicht zuletzt das der<br />

modernen Physik der NSDAP anzudienen. Als seine Schrift „Physikalisches Denken<br />

in der neuen Zeit“ im Völkischen Beobachter positiv besprochen wurde, sandte<br />

er beispielsweise die Rezension absichtsvoll „mit fre<strong>und</strong>l. Grüßen“ an den „Pg. Bachér“,<br />

Leiter der Hochschulabteilung im Reichs-Erziehungsministerium. 41<br />

Die Aufmerksamkeit bzw. die Unterstützung von Leuten wie Franz Bacher<br />

(1894-1957) war für Jordan deshalb von Bedeutung, weil seine Schrift bei den Vertretern<br />

der sogenannten Deutschen Physik bzw. arischen Wissenschaften <strong>und</strong> ihren<br />

Anhängern in der NSDAP eine kritische Aufnahme gef<strong>und</strong>en hatte. In ihrem „Zentralorgan“,<br />

der 1935 neu gegründeten „Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft“,<br />

wurde in der schon zitierten Rezension des Chemikers Rembert Ramsauer<br />

(nicht zu verwechseln mit dem Physiker <strong>und</strong> späteren Vorsitzenden der Physikalischen<br />

Gesellschaft Carl Ramsauer (1879-1955)) u. a. gegen den programmatischen<br />

Titel polemisiert, da er den „Eindruck erweckt, als stehe der Inhalt in einem Zusammenhang<br />

mit dem Umbruch in Deutschland.“ 42<br />

38 Pascual Jordan an Niels Bohr, Göttingen Mai 1945. Niels Bohr Archive Copenhagen (Nachdruck<br />

in: D. Hoffmann, Pascual Jordan im Dritten Reich – Schlaglichter. Preprint 248, MPI für<br />

Wissenschaftsgeschichte Berlin 2003, 29-32).<br />

39 Ebd.<br />

40 Pascual Jordan an Max Born, Hamburg 15.8.1948 mit Abschrift eines Briefes der Mutter Jordans<br />

vom 20.4.1933. Staatsbibliothek zu Berlin. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung<br />

Nachlaß M. Born, Nr. 353, Bl. 9 r. (Nachdruck in: Dieter Hoffmann, Pascual Jordan im<br />

Dritten Reich – Schlaglichter. Preprint 248, MPI für Wissenschaftsgeschichte Berlin 2003, 37).<br />

41 B<strong>und</strong>esarchiv Berlin-Lichterfelde, REM J 107(PA Pascual Jordan), Bl. 9356.<br />

42 Rembert Ramsauer, Besprechung von: Jordan, Pascual, Physikalisches Denken in der neuen<br />

Zeit. Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft 1 (1935), 342-343.

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