09.10.2013 Aufrufe

Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 116 of 178<br />

stehen, sondern zurückgehn). Übrigens habe ich das Gefühl, das ich bei der Einleitung nicht hatte:<br />

dass es mir gelungen ist, ziemlich so wie ichs mir vorgestellt hatte. - Mutter schickte mir einen<br />

merkwürdigen (übrigens ganz "normalen") Brief von Frau Cohen; ich bat sie, ihn dir auch zu<br />

schicken. - Tiecks Roman steht bei mir schon auf dem Programm, seit ich den Passus darüber in<br />

Treitschkes V.Buch las; aber gelesen habe ich ihn noch nicht. Die Papstgeschichte ist doch eine<br />

schöne camera obscura der ganzen Weltgeschichte; alles geht auf der Platte vorüber, alles freilich<br />

unter der einen Perspektive, die eben damals schon nicht mehr die "allgemeine" ist. - In der Odyssee<br />

von a gleich nach e zu springen, ist allgemeiner Schulbrauch, und beinahe schade. Denn Telemach<br />

lohnt die Bekanntschaft, und dass man 4 Gesänge lang immer an Odysseus denkt und ihn doch erst<br />

im 5ten ihn selber zu sehen bekommt, ist ein grosser Effekt. Aber e lockt freilich,und die Philologen<br />

weisen selbstverständlich nach, dass alles vorher, etwa die ersten ..zig Verse ausgenommen "späteres<br />

Einschiebsel" ist. - Meine Predigt betr. des der Reihe nach Lesens von Rudis Predigten war also<br />

schon nicht mehr nötig. Vom Gleichnis die Stelle weiss ich [gestr. Wohl] wohl x) noch. Doch sind<br />

die ersten Predigten, abgesehen von der Themastellung in der ersten, ja nur Auftakt. Das eigentliche<br />

beginnt erst, wo der Prediger zur"Tat" (der Settlementsgründung) übergeht. Je weiter ihr lest, um so<br />

mehr wirst du von dem Rosinenklauben abkommen; das Ganze ist ein guter Kuchen. - Dass <strong>Eugen</strong><br />

Philips besuchen will wundert mich gar nicht so sehr; denn ich will es auch. Ich schrieb das sogar<br />

neulich an Hans, dass ich jetzt wohl mit Ph. zusammensein könnte, weil ich ihn nicht mehr wie<br />

früher für mich zu fürchten brauchte wegen geheimer Verwandschaften. Wenn unter "<strong>Eugen</strong> und<br />

Hans" noch kein Schlusspunkt gehört, dann aber nur wegen dieses Besuchs bei Philips. Unter<br />

"<strong>Eugen</strong> und Hans = selbst" gehört der Schlusspunkt, glaube ich.<br />

Mutter kennt ja das Tempo unsrer Korrespondenz, und jetzt, nachdem ich wohl über eine<br />

Woche durch sie schreibe, ist auch nicht mehr viel zu verderben. Aber vor allem, ich rede mir ein,<br />

dass ihr doch noch über Kassel müsst vor Tölz, und so schreibe ich dahin weiter.<br />

<strong>Eugen</strong>s militärische Belehrungen muss ich leider (oder nicht leider) korrigieren: Vwm. Fliess<br />

wurde nach 3/4jähriger Vizeherrlichkeit (als Off.asp. und "Schiessender" sogar) zur Infanterie<br />

gegeben. Vwm Nix ist seit August vorigen Jahres Vize. Das sind die beiden Fälle bei meiner<br />

Formation. Ein Ltnant, der neulich bei uns war, war 1 Jahr Vize gewesen. Ich kümmere mich nicht<br />

darum, sonst wüsste ich wohl noch mehr Beispiele. Aber du hast recht, zunächst giebt es nähere<br />

Sorgen - und nicht bloss zunächst. Ich will einmal Fallstaff zitieren: Ich wollt es wär November,<br />

<strong>Gritli</strong>, und alles gut.<br />

Obwohl das Eigentliche, <strong>Gritli</strong>, auch so schon "alles gut" ist, da brauchen wir auf keinen<br />

November zu warten und auf kein "bei dir sein".<br />

Ich bin ja bei dir –<br />

Dein Franz.<br />

x) ich habe ganz lahmgeschriebene Finger heut, vor allem von dem greulichen und doch<br />

unvermeidlichen Abschreiben.<br />

8.9.18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!