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Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 163 of 178<br />

ohne Polemik oder Auseinandersetzung, weil es so etwas in der Wissenschaft noch nicht gab -, in II<br />

3 konkurriert der Fortschrittsgedanke, die wissenschaftliche Ethik und andre schöne Dinge. Er wird<br />

glaube ich wieder schön. Heut Morgen habe ich das "Fac quod jubes et jube quod vis" erst richtig<br />

verstanden, wenigstens theoretisch. Und solche Lichter gehen eins nach dem andern auf. Dabei<br />

könnte ich das Ganze, obwohl es so einheitlich ist, dass die Einheit sich im Schreiben ganz von<br />

selber herstellt ohne dass ich darauf ausgehe, - also ich könnte das Ganze doch nicht in kurze Worte<br />

fassen; alles was ich sagen könnte, zeigt es immer nur von einer Seite.<br />

Mir ist es ja früher auch immer so gegangen, mit dem Aufatmen, sowie ich wieder fort von<br />

"hause" nach meiner Universitätsstadt und =bude fuhr. Sowie ich erst in der Bahn sass, hatte ich<br />

wieder das zum Leben nötige Phlegma und fühlte mich wieder wohl. Es ist auch richtig was du sagst,<br />

dass Mutter auf alles eifersüchtig ist - denk an die Geschichte meines Schreibtischs (der aus dem<br />

grünen Zimmer), die ich dir mal erzählte.<br />

Kähler hat <strong>Eugen</strong>s Aufsatz nochmal gelesen und - exzerpiert. Dabei ist er (mit Recht) über die<br />

"Grossmächte" gestolpert. Ich glaube, ich schrieb es <strong>Eugen</strong> schon im August, dass die kurze<br />

Anspielung eigentlich die Kenntnis von "Europas Darstellung" voraussetze. Ich habe ihm dann diese<br />

Lücke etwas ausgefüllt.<br />

Ich fahre vielleicht Sonntag nach Säckingen. II 3 kriege ich hier wohl kaum mehr fertig, zumal<br />

mir die Nachmittage durch Kähler ziemlich ganz verloren gehen für die Arbeit. Aber auf jeden Fall<br />

warte ich noch, bis Herr M. II 2 abgeschrieben hat, auch wenn das noch bis Montag oder Dienstag<br />

dauert. Es kommt ja auf ein paar Tage nicht an. Ich will es auf jeden Fall mitbringen.<br />

Schrieb ich dir schon dass Einl. III heissen wird: "Über die Möglichkeit, das Reich zu erbeten".<br />

Also I - II - III erkennen - erleben - erbeten. (in philosophos - in theologos - in - - ja in??? in doctores<br />

geht nicht, weil man es erst erklären müsste. in fideles??)<br />

Nun war ich bei H.U. - o weh, er ist wirklich kein "Mensch geworden", er ist unverändert<br />

furchtbar. Das Schlimme ist, dass er ansteckt; ich habe mich zunehmend schlechter werden gefühlt<br />

im Lauf des Abends. Man kann doch in seiner Gegenwart kein wahres Wort sprechen, ich war den<br />

ganzen Abend geistreich, bloss um mich vor seiner Ausstrahlung zu schützen. Aber Thea war mir<br />

wieder so sehr sympatisch; sie allein würde ich gern nochmal aufsuchen und Frau Radbruch dürfte<br />

meinethalben dabei sein - es bleibt dabei: Frauen sind besser als Männer. Aber H.U. ist ja übrigens<br />

wirklich kein Mann. Ich kann mir doch noch nicht die mindeste Vorstellung von Greda machen.<br />

Denn die Vorstellung die ich aus Bild, Handschrift, Brief und der Tatsache du = sie habe, lässt sich<br />

gar nicht zusammenbringen mit H.U. - Übrigens bleiben seine persönlichen Vorzüge oder eigentlich<br />

sein einziger persönlicher Vorzug und allerdings ein sehr grosser: die Selbstlosigkeit. Er hat mir auch<br />

heute gut geraten in der Hegel = Angelegenheit. Ich soll es mit Beihülfe einer Akademie machen. Ich<br />

werde es so versuchen. Die innere Schwierigkeit, dass das Buch veraltet ist, bleibt natürlich. Ich<br />

muss wohl ein Vorwort schreiben, oder einen Zusatz zur Vorrede, wo ich die Veraltetheit selber<br />

zugestehe und die persönliche und sachliche Unmöglichkeit einer Umarbeitung erklären. - Aber<br />

diese objektive Hilfsbereitschaft ist auch wirklich das einzige und selbst das ist - ich spreche aus<br />

Selbstbeobachtung - eigentlich ein schwächlicher Zug (ich habe sie ja auch, und auch aus Schwäche,

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