Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy
Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy
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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 7 of 178<br />
profezeien, nicht kluge Leute.<br />
Weizsäckers Brief war sehr schön. Was ihm so dringlich ist, (warum er über Natur, <strong>Eugen</strong> über<br />
Sprache philosophiert und doch dabei - dabei - über das selbe Ganze) ist genau so auch meine Frage;<br />
ich glaube freilich die Antwort zu haben. - Reizend ist wie er ihm die linierten Vogelbauer<br />
aufmutzt).<br />
Da war doch noch allerlei zu beantworten. Aber was mach ich nun morgen? Einen alten Brief<br />
beantworten, ist ja wirklich fast mit Durchschlag schreiben. Und schreiben muss ich dir wohl,<br />
solange mir ohne das noch übel zu mute ist (denn grade "so befreundet" sind wir). Bis morgen<br />
Dein Franz.<br />
7.III.[18]<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>, wie siehst du aus?? das habe ich nun von diesem unglücklichen Traum. Ich weiss<br />
nicht mehr wie du aussiehst, der geträumte Stoppelkopf schiebt sich davor. Ich suche mir vergebens<br />
alle möglichen Augenblicke wieder auf, Kleid und alles ist da, nur das Gesicht will nicht kommen.<br />
Sogar das sonst sichere Mittel, an eine Fotografie zu denken (die auf Mutters Schreibtisch), versagt:<br />
auch da die ganze Haltung, nur nicht das Gesicht. Befreie mich von dem blonden Glätzchen - und<br />
von einem zwischendurch mich plötzlich foppenden ebenso unsinnigen Reminiscenzlein an eine<br />
Primanertanzstun-dennuttigkeit. Schick mir ein Bild, irgend eins egal welches, damit du wieder da<br />
bist. Es braucht gar nicht das richtige zu sein, das hat <strong>Eugen</strong> und ich will es nun nur von ihm haben<br />
und nur wenn er es mir von selbst, ganz aus eigenem Einfall, schickt; also das darf es gar nicht sein,<br />
sondern irgend eins. Du hast ja mein "richtiges", die Jonassche Zeichnung; ich werde dir mal die,<br />
auch Jonas selbst unbekannte, Entstehungsgeschichte schreiben; dann hast du nicht bloss das Porträt,<br />
sondern auch eine Illustration oder weingstens eine Vignette zu etwas. Also schick, dann erzähle ich.<br />
(Das ist ja ordentliche Erpressung). Aber jedenfalls schick.<br />
Im Anzeigenteil des deutschen zionistischen Wochenblatts "Jüdische Rundschau" stehe ich mit<br />
Gustav Meyrinks Gesammelten Werken unter "Neue Bücher" folgen-dergestalt: Franz Rosenzweig:<br />
Zeit ists... Hermann Cohen gewidmet. Interessanter Bei-trag zur Psychologie desjenigen Teils der<br />
deuschen Juden, "welcher sein Judentum irgendwie im Rahmen der deutschen Volks= und<br />
Staatsgemeinschaft auszuwirken gedenkt" und, fügen wir hinzu, den rechten Weg nicht findet. - M1<br />
Porto 10 Pf.<br />
Nun weiss ichs also. -<br />
Heut abend kommt Post, aber für mich kann noch nichts dabei sein.<br />
- ich möchte das Papier zerreissen. <strong>Gritli</strong> - wie siehst du aus?<br />
7.III.[18]<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>, nun bist du doch da, die Post kam und brachte den 1.März. Was ist das für ein<br />
wunderliches Zickzack, das so ein paar 1000 km Raum in die vorgeblich so ruhig abrollende Zeit