Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy
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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 137 of 178<br />
Ich habe übrigens die von <strong>Eugen</strong> gefürchtete "Allmacht" und "Allweisheit" jetzt auch behandelt,<br />
nicht in der Metaphysik, sondern bei der Schöpfung. Ich glaube, <strong>Eugen</strong> wird es überhaupt viel zu<br />
theologisch sein. Der II.Teil wird nicht leichter zu lesen als der I. - Du wirst darauf angewiesen sein,<br />
dass ich dir Stellen daraus ("Lichtstrahlen aus dem Talmud" ) vorlese.<br />
Wann? --------<br />
13.10.[18]<br />
Dein Franz.<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>, wie schön, dass doch noch ein Brief hierher kam; der an das Lazarett, die an<br />
Keppichs noch nicht. Ich bin zwar schon ganz aus der Stimmung des Verlorenen und<br />
Wiedergefundenen heraus; es ist ja schon über 14 Tage her, dass sich der Eisenbahn = Zug von<br />
Üsküb nach Nisch in Bewegung setzte. Mutter tut mir so leid, dass es mir ganz gleich ist, was sie für<br />
Schritte getan hat; es waren natürlich heute unsinnige; meine Nachricht musste ja früher kommen.<br />
Gott versuchen? das können ja nur die, die auch er versuchen kann, nämlich die ihn kennen. - Ein<br />
Satz, den ich schleunigst notiere; denn der Begriff der "Versuchung" wird ebenso grundlegend für<br />
den Übergang zum III.Teil sein wie der des Wunders für den II. Etwas was ich übrigens obwohl ich<br />
täglich etwas mehr davon merke noch selber nicht erklären könnte; aber diese Denkvorgefühle<br />
täuschen fast nie. Die Bücher des II.Teils werden, wie ichs vorher schon wusste, annähernd nochmal<br />
so lang wie die des Iten. Die gramat. Analyse des Schöpfungskapitels verschiebe ich bis an den<br />
Schluss des Buchs und werde das Grammatische vorher so geben. - Wir fahren morgen weiter,<br />
vielleicht auf einem Donaudampfer, - das wäre schön. Ob ich wirklich jetzt mit dieser (kein=)Fieber<br />
= Tabelle bis nach Deutschland durchrutsche, um dort gleich wieder zurückgeschickt zu werden,<br />
denn deutsche u. österr. Ärzte ist zweierlei - weiss ich noch nicht. Meine Briefe vom 20. darunter<br />
einer an <strong>Eugen</strong> und ein paar Briefe von euch, die ich an Trudchen zur Aufbewahrung geschickt hatte<br />
- das scheint alles verloren gegangen zu sein; ich war dumm; ich hätte es denken sollen. Der an<br />
<strong>Eugen</strong> war eine so aggressive Verteidigung des "Sterns", dass es gar nichts schadet, dass er verloren<br />
ging. - Ich habe Sehnsucht nach dem 2.Buch und grosse Spannung auf das 3te. Durch dies wäre ich<br />
eigentlich gern hindurch, das Schönste über die Schöpfung nimmt die Einleitung vorweg. Es kann<br />
aber noch eine Woche dauern. Die Stoffverteilung innerhalb der drei Bücher steht jetzt fest, da die<br />
des 1ten feststeht.<br />
Der Krieg wird nicht ins Land kommen; wir treten es lieber vorher ab. Und ehe die Frauen<br />
bewaffnet werden, werden die Männer lieber entwaffnet. Und das alles ist gut so. (Und das ist das<br />
Schlimmste). Den sinnlos heroischen Untergangskrieg ("nicht der Sieg ists, den der Deutsche fordert,<br />
.⁄ U .⁄.U .⁄ U .⁄ U .⁄ U .⁄, wenn der Brand nur fackelgleich entlodert, wert der Leiche die zu Grabe geht"<br />
Kleists Germania an ihre Kinder) diesen Krieg soll ein Christliches Volk nicht führen. Karthago,<br />
Sagunt etc. durften es, aber im Kreise der Offenbarung nur Jerusalem, aber das jüdische Schicksal<br />
muss einzig in seiner Art Bleiben. Und selbst da hat, was bei Karthago u. Sagunt nicht war, ein Prinz<br />
Max namens R.Jochanan b.Sakkai, also vielmehr ein Prinz Hans, dem Volk durch den Gang ins<br />
Lager des Titus die Grundlagen der Fortexistenz gesichert. - Sonderbar, dass ich dir auch grade<br />
schrieb, ob Deutschland es nicht verdient hätte. Aber haben denn die andern diesen Erfolg verdient?