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Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 138 of 178<br />

Ist die blosse Standhaftigkeit Frankreichs, die Hartnäckigkeit Englands, der Idealismus Amerikas -<br />

ist das wirklich so viel mehr gewesen? Man darf eben auch im Völkerleben nicht moralisieren; es ist<br />

unfromm.<br />

Ich habe Gelegenheit, den Brief durch Boten also ganz rasch zu schicken, so rasch, dass ich ihm -<br />

dem Brief, nicht dem Boten, um Himmelswillen! - ein "Gutes" anvertrauen möchte; es kommt ja<br />

noch frisch an.<br />

Liebes liebes - - -<br />

Dein Franz.<br />

13.10.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, mir ist ganz zivil; ich bin heut schon seit 11 bei Louis Mosbachers Tochter u.<br />

Schwiegersohn, und nachher fahren wir mit dem Dampfer nach Sunlin - : Konditorei!<br />

Die Gewissheit des Friedens ergreift mich doch jetzt stärker als die Politik. - Heut früh habe ich<br />

ein paar Seiten über die Mathematik geschrieben und von morgen an kommt das erste Stück zur<br />

Grammatik, die Schöpfungsformen des Worts. Es wird eine - grammatische Analyse des 1.Kap. der<br />

Bibel, eigentlich gegen meine Absicht, aber es wurde so überzeugend, dass ich schliesslich meinen<br />

Widerstand aufgab; denk: die Verse wo der Mensch erschaffen wird bringen lauter neue<br />

grammatische Formen, Vordeutungen auf die Offenbarungsformen des Worts, aber noch im Rahmen<br />

der Schöpfungsformen. Da kannst du dir nun wieder nichts bei denken; es ist aber etwas was nachher<br />

in der Ausführung ganz einfach und klar wird.<br />

Ich sitze übrigens schon in der Konditorei, vorher die Rast auf dem kleinen Vergnügungsdampfer<br />

über Save und Donau, ich glaube die erste solche Dampferfahst wieder seit 1914, und herrliches<br />

Wetter - selbst mein Begleiter ist ganz nett, wenn auch nicht so nett wie er für so einen ersten Tag<br />

Vorschmack der Friedens sein müsste. Aber es ist unrecht von mir das zu schreiben während er<br />

neben mir sitzt.<br />

------ Dein Franz.<br />

[auf Zettelchen mit Eisenbahnstempel und =Auskunft]<br />

[Mitte Oktober <strong>1918</strong>?]<br />

Das [Pfeil bezgl. der Auskunft] ist garnicht wahr! - Liebes <strong>Gritli</strong>, ich muss dir doch noch gute<br />

Nacht sagen; der Tag ist sonst ein i ohne Punkt. Vor lauter Schreiben und Abschreiben (vor allem<br />

das) kam ich nicht mehr durch bis zum braunen Papier, obwohl ich dir glaube ich eine Menge zu<br />

sagen habe. Aber das glaube ich immer. An <strong>Eugen</strong> fing ich heut auch einen grossen Bogen an und<br />

nachher kamen bloss ein paar dicke Brocken. Sag ihm, mein Kopf wäre absorbiert, so reichte es nur<br />

noch zum "Behaupten", nicht mehr zum "Beweisen". Und Männer wollen ja alles bewiesen haben!<br />

Dir genügen schon die Behauptungen - du beherzigst sie eben. Haupt und Herz -

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