Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy
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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 92 of 178<br />
bei Himmel und Erde. Nun seh ich dich plötzlich doch und grüsse alles Blau um dich herum und<br />
dich mitteninne, <strong>Gritli</strong> im Blauen - mein Herz ist ein gehorsamer Maler - " Herz Maler, mal er mir..."<br />
Hab mich lieb.<br />
[17.VIII.18]<br />
Lieber <strong>Eugen</strong>, sieh mal: die Margarethe Susmann ist, als Georgegeschöpf und Jüd = in, dreifach<br />
verhindert, etwas unmittelbar zu sehen; und trotzdem kriegt sie immer noch etwas toto coelo<br />
Näheres und selbst Unmittelbareres zustande als der S.J.er, der - Schmach u.Gram - überhaupt<br />
vergisst, dass er <strong>1918</strong> schreibt, während M.S. zwar nicht weiss, was <strong>1918</strong> ist, aber doch ganz voll<br />
davon ist, dass es <strong>1918</strong> ist.<br />
Das Bismarckaufsatz Heft schick bitte nach Kassel weiter; das Astrologiebuch behalte; ich<br />
habe schon seit 5 Jahren darauf gewartet, dass es einer schriebe. Da hast du die antichristliche<br />
Zeitrechnung, nämlich die Travestierung (Verkleidung) der Weltge-schichtlichen Zeit in ihre<br />
welträumlichen Beding = ungen. Das Horoskop ist die vollkom-menste Auslöschung der Jahreszahl.<br />
Aus Nat.u.G.welt, Göschen, Reklam gehen aus Papiermangel ein! Und Ludendorf führt noch<br />
immer Krieg. Die Chance des 20.III.18 wird nie wiederkehren; sie ist durch den Beginn der Manöver<br />
der Potsdammer Wachtparade auf dem altgewohnten Exerzierplatz am 19.III. auf immer verspielt.<br />
Jetzt nur noch: raus aus dem Dreck, ehe es noch schlimmer wird - mögen die Engländer<br />
Konstantinopel nehmen (Deutschland wird dafür "Briay" kriegen. Denkst du noch an Wiltfeber,<br />
dessen ganzes wildes völkisches Kreissen zuletzt die Maus "Basel muss wieder heim zum Reich"<br />
gebar? Jedes Volk hat eben auch die Pan(...)isten, die es verdient.<br />
17.VIII.18 Dein Franz.<br />
18.VIII.[18]<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>, beim Ordnen von Briefen finde ich noch diesen Gang der Mensur Hans = <strong>Eugen</strong>.<br />
Hansens Brief, den du ja kennst, gieb <strong>Eugen</strong> wieder; und <strong>Eugen</strong>s lies und schick zurück an Hans.<br />
Wie wenig könnte ich die von <strong>Eugen</strong> mir zugemutete ehrliche Maklerrolle dabei spielen. Auf<br />
<strong>Eugen</strong>s blutroten Hauptsatz in dem Brief geht Hans überhaupt nicht ein. Dies, und nicht alle<br />
formulierten Gegensätze, ist das eigentliche Symptom der Unmöglichkeit zueinanderzukommen. -<br />
Den Gelegenheitsbrief muss ich wohl in Kassel gelassen haben; hier ist er keinesfalls.<br />
Ich lese fleissig und fast ohne was zu verstehen die Cohensche Logik. Er setzt masslos viel<br />
Mathematik und Geschichte der Mathematik voraus, dazu noch viel zeitgenössische Aussichten, und<br />
alles nur in Anspielungen. Hie und da kann ich wohl mal folgen; das lohnt sich dann fast stets; im<br />
Putzianum (dem blonden) habe ich ihn tatsächlich in einigem antezipiert. Im ganzen ist er<br />
unheimlich hegelianisch, bis in Einzelheiten, ohne es zu wissen. Eben deswegen komme ich nicht<br />
recht mit ihm zusammen. Stünde nicht das Religionsbuch am Ende, worin er tatsächlich (wenn auch<br />
nicht mit Bewusstsein) einen grossen Widerruf tut, so würde ich mich durch den dicken<br />
Hirsebreiberg der 4 oder 5 Systembände nicht durchfressen. - Das Schreiben in Anspielungen, so