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Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 125 of 178<br />

Selbsterlösung, an dessen Schluss jedesmal erst das fertige heidnische Gottes= Welt= Menschen=<br />

wesen stand. Diese Methode wird angewandt, kann aber natürlich nicht enthüllt werden, weil eben<br />

von Schöpfung, Off., Erl., hier noch nicht geredet werden kann. Wie ja auch die Sprache hier noch<br />

nicht da ist, sondern nur ihre Elemente, (das Bejahen, das Verneinen und das Verbinden). In II<br />

entsteht dann die Sprache selbst, die Grammatik. (In III die Rhethorik). Die Sprache in I ist die<br />

Sprache vor der Sprache, die "Sprache des Unaussprechlichen" (nämlich: noch Unaussprechlichen):<br />

die Kunst (die stumme Verständigung vor aller Sprache). In III nachher die schweigende<br />

Verständigung jenseits aller Sprache: die Gemeinschaft der Tat (sichtbar vorgebildet im Kult; das<br />

gemeinsame Hören, das gemeinsame Mahl, das gemeinsame Knien).<br />

Aber das war wieder zu sehr in Andeutungen gesprochen, als dass du es verstehen kannst,<br />

nimms nur als "Meins". Das Vorhergehende wirst du verstanden haben. Es ist eben leichter, über das<br />

Fertige verständlich zu sprechen als über das was noch bloss Programm ist.<br />

Das Eisenbahnoriginal des <strong>Gritli</strong>anum ist ganz unleserlich. Du müsstest es also für Rudi schon<br />

abschreiben oder warten bis er mal kommt . Es selber nochmal abzuschreiben bringe ich nicht über<br />

mich; ich habe so viel abzuschreiben jetzt, dass ich nichts Überflüssiges auf diesem Gebiet tun mag.<br />

Von I 2 u. I 3 ist noch nichts abgeschrieben! - Ob er aber so viel davon haben wird, dass sich die<br />

Mühe für dich lohnt? Trudchen hat es wohl jetzt in Kassel schon kennen gelernt; ich denke nämlich,<br />

der Brief trifft dich in Wildungen oder Kassel. Seit dem 12. weiss ich ja nichts, von Kassel. Es ist ein<br />

unruhiges Gefühl.<br />

Von <strong>Eugen</strong> schrieb auch Hans: er kenne ihn nun, umgekehrt nicht; er sei gar nicht<br />

verschwommen, (was Hans eben früher meinte). Aber ich habe ja den Brief da, also: (es ist nur eine<br />

Postkarte):" Ich habe jetzt wirklich <strong>Rosenstock</strong> kennen gelernt, 2 mal; viel besser als brieflich. Er<br />

wird nicht ganz so zufrieden sein. Er hat seine frühere Verschwommenheit ganz verloren." - Er ist<br />

jetzt freilich marmorn. Aber ich kannte ihn in früheren geologischen Perioden, als das Feste noch<br />

(z.T.) flüssig war. Das kann man nicht vergessen. Es ist schön dir wieder zu schreiben, liebes liebes<br />

<strong>Gritli</strong> ----<br />

Dein Franz.<br />

2.10.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, es ist eine Desolation und ein Zusammenbruch ohnegleichen; die Haare sträuben<br />

sich einem bei diesen Gesprächen um einen herum. Wie merkwürdig dass es der französ. Regierung<br />

möglich gewesen ist, die Stimmung bis heut immer noch über dem<br />

0 punkt zu halten. Dabei ganz unpolitisch: der Parlamentarisierungsschritt, der heute morgen<br />

bekannt wurde, wird überhaupt nicht bemerkt! Es geht immer per "er", "die da", - ganz unbeteiligt.<br />

Die Ententelegende Über den Krieg wird glatt geglaubt. Dabei sind ja überall das "Volk" und die<br />

"Regierenden" gleich schuld. Die falsche, nämlich herzlose hochmütige und bornierte Behandlung<br />

der Bulgaren ist einfach "echt deutsch" gewesen; Offiziere und Mannschaften haben sich instinktiv<br />

ganz gleich benommen.

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