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Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 76 of 178<br />

das bleibt dann auch für ihr äusserlich scheinbar "mehr als fragmentarisches" Wissen die Grenze. Ihr<br />

gut gemeinter Brief an <strong>Eugen</strong> ist mir immer noch ein peinlicher Gedanke.<br />

<strong>Gritli</strong> - du hast mir keine Schmerzen gemacht, keine andern als die die wir uns alle dreie<br />

gemacht haben und also keiner "gemacht". Oder wer? - ? ?<br />

Ich hülle meine Schmerzen in meine Liebe und trage sie zu dir - o du Geliebte.<br />

Franz.<br />

x) wirklich für ihn nur "schattenhaften"<br />

26.VI.[18]<br />

<strong>Gritli</strong> - diesmal hat es die Post gut gemeint und hat mir deine Briefe vom Sonntag und Montag<br />

zusammen gebracht. Obwohl ich auch so schon bei dem feierlichen und formellen Beschluss, mich<br />

inskünftige schlecht zu behandeln, ein bischen lachen musste und auch schon dachte, ob sich das<br />

Exempel nicht auch anders lösen liesse. Und dennoch - ich musste nur ein bischen lachen und mehr<br />

war mir andersherum zumute. Wie haben dich die Schläge getroffen, dass auch du nun weiter<br />

schlagen musst. Schlagen mit ungewohnter Hand und ungeschickter Geberde, - aber doch schlagen.<br />

Und es tut weh, obwohl ich über dein Ungeschick dabei lachen muss. Es tut weh, <strong>Gritli</strong> -<br />

Mich schlecht behandeln - hast du mich denn bisher gut behandelt? Behandelt? Ach nein, du<br />

bist gut zu mir gewesen, nein auch das nicht, - du bist zu mir gewesen wie dirs ums Herz war. Sei<br />

weiter so, sei karg zu mir, wenn es dir karg zu mir ums Herz ist, und wenn dein Herz mir<br />

entgegenschäumt - o du, - quill über! Ich werde dich lieben in deiner Kargheit wie in deinem<br />

Überfluss, nicht minder in jener wie in diesem. Denn mein Herz ist dein - es liegt vor dir<br />

hingebreitet, still bereit und demütig offen, zu empfangen, was dein Herz ihm schenkt, grosse Gabe<br />

wie geringe, geringe wie grosse, wenn sie nur kommt aus deines Herzens ganzer, reiner und<br />

unschuldiger Einfalt. Von Behandlung aber weiss das Herz nichts und verweigert hochmütig sie<br />

anzunehmen, die gute wie die schlechte, und nähme noch lieber die "schlechte" als die "gute". O<br />

<strong>Gritli</strong>, nimm das Wort zurück, mach es ganz ungesagt - ich spüre ja, wie dein Herz zagte dabei zu<br />

sein als der Mund es sprach und gern kniefällig um Verzeihung dafür gebeten hätte. Ich fühle die<br />

Not, aus der es dennoch, hocherrötend, dabei stehen blieb und zuzustimmen versuchte. Ich kenne die<br />

Not und weil es deine ist, du geliebtes Herz, so trage ich sie mit dir und werde sie dir leicht machen -<br />

du sollst dich um die "24 Stunden" nicht sorgen - klopf nur unbekümmert deinen Schlag und lass die<br />

Sonne am Himmel wandern; wer seines Pulsschlags sicher ist, den braucht das Ticken der<br />

Taschenuhr nicht zu änstigen. Und du darfst sicher sein, o du .<br />

Berlin? du weisst, was ich dagegen hatte; aber seit gestern, wo mir Mutter schrieb, was alles<br />

sich in diese "24 Stunden" drängen würde, weiss ich selbst nicht mehr, wie es anders gehn soll. Ich<br />

überlasse dir also die nötigen "Schlangenklugheiten". Ich bin spätestens Mittwoch früh in Berlin,<br />

frühestens (fürchte ich) Dienstag früh; sowie ich was weiss, werde ich telegrafieren; hierher kann<br />

man von Deutschland aus auch telegrafieren, ganz gewöhnliche Privattelegramme. Und am<br />

Sonnabend gegen 7 abends oder am Sonntag zu einer beliebigen Zeit könnte ich von Warschau aus

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