Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy
Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy
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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 9 of 178<br />
auch ein Zusatz zu dem was ich dir gestern schrieb.<br />
Der braune Klex da oben [Pfeil] stammt von einer der mitgenommenen Trixzigarren, die ich ganz<br />
sparsam aufrauche, weil an jeder das ganze grüne Zimmer hängt und zwanzig nach Tisch = Stunden.<br />
Ach was sind das alles für schwanke Brückchen. Ich hatte doch nicht recht, mit dem was ich vorhin<br />
schrieb. Nähe ist wenig und doch alles!<br />
o du Nahe!<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>,<br />
Dein.<br />
9.III.[18]<br />
die Zeit schlägt einen neuen Purzelbaum. Ziemlich sicher (entscheiden muss es sich in den 2, 3<br />
nächsten Tagen) komme ich zum Kurs nach Warschau, der am 18. beginnt. Vielleicht kann ich doch<br />
über Kassel hinfahren. Ob du noch da bist? und wie es mit Tante Julie sein wird? Diese 7 Tage<br />
Zwischenraum! Über die man nicht hinüberspringen kann. - Aber Warschau das heisst 2 Tage<br />
Briefentfernung und das ist fast Sehweite. - Ich komme aus dem Rechnen gar nicht heraus.<br />
Und nun kam die Post vom 2. u. 3. Wir haben uns zur gleichen Stunde das Gleiche geschrieben,<br />
du hasts geflüstert, ich habe geschrien - das ist der ganze Unterschied - du warst ja auch unter<br />
Menschen, ich war allein. Ich habe es die ganzen Tage seitdem immer wieder geschrieen; es ist so<br />
und es soll so sein wie du es sagst und wenn ich nicht in deiner Liebe ihn mitlieben kann, jeden<br />
Augenblick und ohne Unterschied, so bitte ich den, den man bitten kann, das er mir die Kraft gibt,<br />
auch den Schlüssel zu den neun erlaubten Türen von mir zu werfen ins Nichts wo es am tiefsten ist.<br />
Den Finger, <strong>Gritli</strong>, den Finger! Hilf mir und hab mich lieb.<br />
<strong>Gritli</strong> ------------ liebes <strong>Gritli</strong> ----<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>,<br />
heut habe ich dir Werfel vorgelesen. Es war sehr schön. Hast dus gehört?<br />
[10.?III.18]<br />
Franz.<br />
11.III.[18]<br />
Liebes <strong>Gritli</strong>, ich bin stumpf heute, in der Unsicherheit ob ich hier bleibe oder nach Warschau<br />
gehe. Der Verkrustungsprozess wird durch so etwas verzögert - obwohl ich die Kruste ja in<br />
Warschau genau so nötig habe wie hier, aber der möglicherweise eine Tag Deutschland dazwischen -<br />
das ists. "Ort und Stunde" ziehen immer neue Saiten auf, um uns zu beweisen, dass sie wirklich "das<br />
Wichtigste bei jedem irdischen Ding" sind. Geografie und Chronologie lassen uns nirgends los und