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Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 67 of 178<br />

diesem Zusammenhang ganz neu an, ganz ungewohnt, ist aber vollkommen genau.<br />

Genug. - Und "nicht genug", sondern "alle Tage ein bischen..."<br />

Dein Franz.<br />

8.VI.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, da habe ich etwas Schönes angerichtet: nun lernst du Griechisch - und kommst nicht<br />

mehr zum Briefeschreiben. Und dazu schreibt Mutter noch: Griechisch wäre schwer. Ich<br />

"beschwöre" dich: Lern keine Grammatik und vor allem um Himmelswillen keine "Vokabeln".<br />

Trachte vor allem nach den Texten, so wird dir all das andre von selbst zufallen. Du hast doch<br />

Lateinisch sicher auch ohne Grammatik gelernt. Und du willst doch Griechisch nicht "wirklich<br />

lernen" - wozu denn? - sondern verstehen. Woher weisst du, ob Ferchau es versteht, und nicht bloss -<br />

kann?<br />

Liest du schon Homer oder noch das Lukasevangelium ?<br />

?, nein, sondern:<br />

----- Dein Franz.<br />

11.VI.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, gestern hatte ich auf einmal deine drei letzten Briefe, heute erst den von Sonntag. Es<br />

ist so furchtbar; ich kann mir dabei trotz allem <strong>Eugen</strong>s Briefe nicht vorstellen. Er sieht nicht bloss<br />

dich nicht,er sieht auch mich nicht, - sonst wäre es nicht möglich. Das Furchtbarste ist, dass er mit<br />

seinem Sehen und Nichtsehen die Macht hat mich zu dem zu machen, den er sieht. Indem er mich<br />

unter das kahle Allerweltsschema der Eifersucht bringt, spüre ich wie in mir etwas aufsteigt, was ihm<br />

das Recht dazugäbe. <strong>Gritli</strong> - das darf nicht sein. Hilf mir, indem du uns allen hilfst. Ich hoffe fest. Es<br />

muss alles gut werden. Unser Schweigen kann nur sein wie das Silentium im Kloster, zwischen den<br />

Träumen der Nacht und den Gesängen der Matutin. "Meine Seele harret..."<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>,<br />

Geliebte Seele -- Dein<br />

ich bin rat=, fassungs=, entschlusslos -<br />

Und dennoch - dennoch -<br />

[12.6.18.]<br />

13.VI.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, für dich war es ein Trost, für mich ist es keiner. Ich hatte ja doch keine wirkliche<br />

Vorstellung, erst nun weiss ich, wie es in ihm aussieht. Es war sehr gut und nötig, dass du mir den

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