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Gritli Letters - 1918 - Eugen Rosenstock-Huessy

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<strong>Gritli</strong> <strong>Letters</strong> - <strong>1918</strong> 175 of 178<br />

dann bin ich wieder ganz<br />

--- und ganz Dein.<br />

27.XII.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, von Rudi bekam ich eben einen langen Brief von Hedi an ihn (und gleichzeitig auch<br />

zur Weitergabe an mich und Hans!), worin sie - 18 Seiten lang - ihm wegen seines "Mystizismus"<br />

die Leviten, oder muss man hier wohl sagen: die Monisten liest und alle drei Zeilen einmal ein "Max<br />

ist gross" einstreut. Es ist schade, wie absichtlich und krampfhaft sie geworden ist. Auf dem Grunde<br />

ihrer Ehe liegt ein schlechtes Gewissen. Wenn sie wirklich an ihren Mann glaubte, würde sie es nicht<br />

fortwährend ausrufen. Dabei könnte sie so ruhig sich auf ihn zurückziehn und Bruder Bruder sein<br />

lassen. Das würde der Bruder viel mehr respektieren als diese Baalstänze vor dem in Wahrheit doch<br />

ganz bescheidenen und sich dieser Aufplusterung zum Gott gar nicht recht fügenden Maxbild. Rudi<br />

hat ihr mit einem ca 12 zeiligen Gedicht an - den lieben Gott geantwortet, wo er diesen bittet, ihr<br />

Herz aus der Erstarrung zu lösen. Darüber wird sie sich nun schön ärgern, denn auf all die z.T. gar<br />

nicht dummen politischen Einzelheiten ihres Briefmonstrums kriegt sie nun gar keine Antwort. Auch<br />

Hans soll sie geschrieben haben, Hans behauptet: noch gröber. - Ich bin schon wieder etwas im<br />

Tempo. Vielleicht wird das Ganze doch veröffentlichbar. Heute musste ich es so denken. Über das<br />

Untheologische in III bin ich noch immer dunkel. Ein ziemlich langes Stück über Völker kommt<br />

schon zu Anfang von III 1 Volksland, Volkssprache, Volkssitte, Volksgesetz. Aber das nimmt ja<br />

wohl kaum etwas vorweg von dem andern.<br />

Auch den 2ten Satz der 109 habe ich nun wieder gehört-<br />

Dass du nicht mehr da bist, wird am sichtbarsten an den Bücherhaufen, die zu wahren Türmen<br />

ansteigen unten im Zimmer: niemand trägt sie weg! Was soll das noch werden?<br />

? -- Dein Franz.<br />

28.XII.[18]<br />

Liebes <strong>Gritli</strong>, heut früh kam das ganze Säckinger Weihnachten, dein Brief, der sechsstrahlige<br />

Stern, das Bild, und die Karte von den Zwillingen. Ich habe dafür fleissig an III 1 geschrieben, einen<br />

langen Auftakt; morgen kommt nun wieder der Stern hinein: seit heute steht die Disposition fest; wie<br />

lang die Bücher werden weiss ich noch nicht; doch, hoffentlich nicht länger wie die Einleitung. - Mit<br />

Rudi telefonierte ich gestern noch über Hedis Brief, und an O.Viktor schrieb ich einen Brief wegen<br />

<strong>Eugen</strong> und behob den einen Punkt, den er missverstanden hatte (mit der Wissensch. Ehrlichkeit, die<br />

<strong>Eugen</strong> verböte, ein "gutes" Buch zu schreiben).<br />

Es war also wirklich so wie ich es am 25ten spürte; es war wirklich als ob wir uns im gleichen<br />

Zimmer freuten - nein mehr als im gleichen Zimmer, es war wirklich Herz an Herz. Sieh aber, es war<br />

doch gut, dass ich lieber ein paar Tage später nach Kassel kam und vorher dein Milieu und den Fels<br />

u.s.w. besuchte; es ist nun wirklich so: ich kann dich jeden Augenblick sehn, ich habe auf deinem<br />

Stuhl gesessen und in deinem Zimmer geschmökert und aus deinem Fenster gekuckt. Ich habe

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