Verfassungsschutzbericht 2010 - Baden-Württemberg
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ISLAMISTISCHER EXTREMISMUS UND TERRORISMUS<br />
tische Tätigkeit auf im Westen lebende<br />
Muslime zugeschnitten. Dadurch sollen<br />
auch in hiesigen Regionen politische<br />
Verbündete gewonnen und die eigene<br />
Rekrutierungsbasis entsprechend erweitert<br />
werden. Diese Initiative hat zu<br />
einer verstärkten Abwanderung deutscher<br />
Jihadisten in Krisengebiete der<br />
islamischen Welt geführt. Bei fast allen<br />
deutschen Jihadisten handelte es sich<br />
entweder um Konvertiten oder um<br />
Personen, die bis dahin überwiegend<br />
in Deutschland gelebt haben – und<br />
damit westlich sozialisiert waren. In<br />
den Konfliktgebieten beteiligen sie<br />
sich auf lokaler Ebene an gewaltsamen<br />
Aktionen, die gegen die gesellschaftlichen<br />
und politischen Strukturen gerichtet<br />
sind.<br />
Aktuell scheinen die Jihadisten jedoch<br />
vor allem der globalen Dimension im -<br />
mer größere Bedeutung beizumessen.<br />
Sie erwägen, den Westen auf seinem ei -<br />
genen Territorium (sogenannter ferner<br />
Feind) zu bekämpfen. Nach mehreren<br />
Todesfällen auch deutscher Jiha disten<br />
in Afghanistan diskutieren das Terror-<br />
Netzwerk „al-Qaida“ (auf Deutsch: „die<br />
Basis“) und seine regionalen Zweige<br />
auf der arabischen Halbinsel und in<br />
Nordafrika über die Effektivität dieser<br />
Personenkreise in den bisherigen<br />
„Kriegs gebieten“. Unmissverständlich<br />
wird der strategische Nutzen deutscher<br />
Jihadisten betont. Vor allem diejenigen<br />
sind nützlich, die in ihrem Heimatland<br />
noch nicht in den Fokus der Sicherheitsbehörden<br />
geraten sind:<br />
„Sie haben ein Individuum, das nicht von<br />
den Nachrichtendiensten gesucht wird,<br />
und sie könnten diese Person benutzen,<br />
um die islamische Sache voranzubringen.<br />
Diese Person bist du. Ich empfehle<br />
allen Brüdern und Schwestern, die aus<br />
dem Westen kommen, nachdrücklich es in<br />
Erwägung zu ziehen, den Westen in seinem<br />
eigenen Hinterhof anzugreifen. Der<br />
Effekt ist viel größer, es beschämt den<br />
Feind und diese ‚Individualattacken‘ sind<br />
von ihnen fast unmöglich einzudämmen.“ 10<br />
Damit wird deutlich, dass sich ausländi -<br />
sche Terrororganisationen gezielt deutscher<br />
Akteure bedienen, um einer<br />
Globalisierung ihres einseitig erklärten<br />
„Krieges“ Vorschub zu leisten.<br />
In diesem Zusammenhang ist eine<br />
weitere Entwicklung erwähnenswert:<br />
Auch andere, ursprünglich nur lokal<br />
agierende Terrororganisationen wie das<br />
islamische Emirat im Kaukasus und<br />
auch das „Islamische Emirat Afghanistan<br />
(Taliban)“ verlagern die Schwerpunkte<br />
ihrer Aktionsfelder. Dieser Trend<br />
schlägt sich in verstärkten Drohungen<br />
nieder, die sich gegen die territoriale<br />
Unverletzlichkeit westlicher Länder<br />
richten.<br />
Beispielhaft für diese strategische Neu -<br />
ausrichtung stehen Textpassagen aus<br />
10<br />
Internetauswertung vom 9. April <strong>2010</strong>.<br />
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