Verfassungsschutzbericht 2010 - Baden-Württemberg
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ISLAMISTISCHER EXTREMISMUS UND TERRORISMUS<br />
nicht automatisch zu einem entsprechend<br />
hohen Einsatz in Verbänden<br />
oder islamistischen Bewegungen. Tatsächlich<br />
ist der Organisationsgrad in<br />
religiösen Gemeinden oder Vereinen<br />
mit einem Anteil von etwa 20 Prozent<br />
relativ gering.<br />
Ein gewichtiger Faktor, der in dieser<br />
Studie – aber auch in weiteren Untersuchungen<br />
– herausgestellt wird, ist<br />
das im Allgemeinen eher niedrige Bildungsniveau<br />
von aus der Türkei stammenden<br />
Migranten. Mangelnde Bil dung<br />
darf sicher als ein Faktor angesehen<br />
werden, der Jugendliche in Europa für<br />
islamistisches Gedankengut empfänglich<br />
macht.<br />
Islamistische Organisationen, aber auch<br />
neue, frei agierende „Islamschulen“<br />
und „Islamseminare“ treten mit „Bildungsarbeit“<br />
auf den Plan. Diese weicht<br />
jedoch völlig von westlichen Bildungsund<br />
Erziehungsmaßstäben ab: Sie präsentiert<br />
den Islam als einzige, absolut<br />
wahre und widerspruchsfreie Lehre.<br />
Die „Belehrung“ in den „Seminaren“<br />
und „Schulen“ erzieht die Schüler nicht<br />
zur Mündigkeit und Kritikfähigkeit.<br />
Hier hat sich ein Nährboden gebildet,<br />
auf dem nicht nur entsprechende Organisationen,<br />
sondern auch unterschiedliche<br />
islamistische Strömungen Nach wuchs<br />
suchen und finden. Folglich sind türkische<br />
und türkischstämmige Muslime<br />
in allen wesentlichen Bereichen des islamistischen<br />
Extremismus vertreten –<br />
in legalistischen Vereinen genauso wie<br />
in gewaltorientierten salafistischen<br />
Strukturen oder auch jihadistischen<br />
Netzwerken.<br />
Immer wieder sind fließende Übergänge<br />
festzustellen, zum Beispiel dann,<br />
wenn sich Jugendliche im Umfeld entsprechender<br />
Vereine radikalisieren. Das<br />
wurde etwa beim „Kalifatsstaat“ deutlich.<br />
Dieser kann aufgrund seiner revolutionären<br />
Ausrichtung als Über gangs bereich<br />
hin zur Gewaltorientierung angesehen<br />
werden. Zwar ist die Organisation seit<br />
Jahren verboten, ihre Anhänger leben<br />
jedoch weiterhin in Deutschland und<br />
haben ihre Gesinnung keineswegs aufgegeben.<br />
Im Gegenteil: Nach wie vor<br />
wird das Gedankengut über „offizielle“<br />
Internetseiten, Seiten von Einzelpersonen<br />
und unzählige Videobeiträge<br />
verbreitet.<br />
Im Mai <strong>2010</strong> war auf mehreren einschlägigen<br />
Webseiten eine umfangreiche<br />
türkischsprachige Abhandlung zum<br />
Thema „Die Bestimmung darüber, für götzendienerische<br />
Regime Militärdienst zu leisten,<br />
und Erläuterungen bezüglich Zweifeln“ abrufbar.<br />
Diese Schrift ist mit Schlüsselbegriffen<br />
des Salafismus, einer äußerst<br />
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