Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ig erscheint und nicht als etwas Technisches oder Arbiträres auftritt. Das Spiel<br />
muss zur Natur werden, um immersiv zu wirken.<br />
Im Rückgriff auf die anthropologischen Spieltheorien wäre hier einfach zu argumentieren,<br />
dass das Spiel bereits und per se Teil der Natur (des Menschen)<br />
ist. Eine solche Argumentation würde aber übersehen, dass das Spiel am und<br />
mit dem Computer zunächst ein Spiel an einem technisch-symbolischen System<br />
ist und sich hier angesichts des technisch-manufakturierten Codierten<br />
eigentlich eine Art der ›Entfremdung‹ einzustellen hätte. Hier wäre also der<br />
Schlüssel zum Verständnis des Effekts der Unmittelbarkeit, also die dem Technischen<br />
innewohnende Tendenz zur Verunsichtbarung zu suchen.<br />
Insofern erscheint es sinnvoll, dieser Verunsichtbarung weiter nachzuspüren,<br />
um zu verstehen, wie die Immersion – als Erleben des Natürlichen – nicht zuletzt<br />
dadurch zustande kommt, indem sich im Spielen nicht nur das Technische<br />
verunsichtbart, sondern auch das Codierte. Konkreter gefasst meint dies, dass<br />
sich auch die dem Code und dem Symbolischen anhängigen Bedeutungsstrukturen<br />
dabei verunsichtbaren.<br />
Im vorangegangenen Kapitel haben wir dies anhand des Diskurses des Strategischen<br />
bereits an einem ›offensichtlichen‹ Wissenssystem historisch nachvollzogen.<br />
Eine weitere Fallanalyse soll aber nun nochmals aufzeigen helfen,<br />
wie sich in der Gemengelage von Immersion, Evokation, der Koppelung von<br />
Wissenstypen und dem Rekurs auf den basalen common sense auch weniger<br />
offensichtliche Naturalisierungen von Wissens- und Herrschaftstypen in das<br />
Handeln am Spiel einschreiben. Wesentlichster Unterschied ist in dieser zweiten<br />
Analyse das Fehlen der dominanten Kategorie der ›Autorenschaft‹. Der im<br />
Folgenden untersuchte Typus von Wissen über Rhythmus und die Akkomodation<br />
der Arbeit an das Arbeitsgerät ist als prominentes Beispiel gesetzt, um<br />
aufzuzeigen, dass sich Wissenstypen auch jenseits einer materiellen, verkörperten<br />
enunziativen Instanz in das Spiel eintragen – und dass der Effekt der<br />
Immersion oder Teilhabe hierbei wesentlich zur Effektivität dieser Akkomodation<br />
beiträgt.<br />
Zu Beginn gilt es aber die konkrete Thesenlage vorzustellen, die unter dieser<br />
Oberprämisse diskutiert werden soll. Exemplarisch möchte ich ausführen, wie<br />
sich die Koppelung von Rhythmus, Arbeit und Disziplin, wie sie in (vor)modernen<br />
Konzeptionen angetroffen wird, über die Industrialisierung und die Veränderung<br />
eines Arbeitsbegriffes in das Computerspiel selbst einschreibt. Daraus<br />
folgend wäre die hier vertretene Vermutung, dass eine<br />
solche Koppelung auch (naturalisierend und immersiv wirkend) als Effekt der<br />
Disziplin und des Selbstmanagements auf das Arbeitsgerät Computer selbst<br />
durchschlägt. Auch Erkki Huhtamo (2007) postuliert eine solche Zugriffsweise<br />
106 Rhythmus und Arbeit