Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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An diesem so nur angedeuteten institutionellen ›Ringen‹ um das Produkt Half-<br />
Life 2 zeichnet sich nun aber auch eine neue Ebene des Diskurssystems ab, das<br />
dieser Darlegung zugrunde liegt.<br />
So wie in einem bestimmten Diskurssystem Valve als Entwickler / Autor sich einer<br />
negativen Aussagepraxis im Bezug auf Shooter und ›Gewaltspiele‹ durch<br />
eine negativ eingestellte Öffentlichkeit ausgesetzt sieht oder sich mit seinem<br />
Publisher Vivendi in endlosen Kämpfen um Veröffentlichungsdruck, Rechtevergaben¯147<br />
und Streaming-Freischaltungen¯148 befindet, so wird am Ende dieser<br />
Darstellung auch der Kampf des Spielers und Medienkonsumenten als ein<br />
Kampf um die Freiheit des Spiels gegen die Ideologie eines marktwirtschaftlichen<br />
Produkts erkennbar.¯149<br />
Mit dieser exemplarischen Lesweise unterschiedlicher Äußerungspraktiken,<br />
die einen medialen ›Text‹, eine gesellschaftliche Diskussion über diesen Text<br />
und die produktökonomische Konturierung dieses Textes mit umschließen, ist<br />
nun aber in Andeutungen gezeigt, inwieweit die Postulation von Diskursen, die<br />
quer zum Objekt durch eine Gesellschaft fließen, tragfähig ist. Ebenso konnte<br />
in der Analyse gezeigt werden, in welchem Maße sich konkret mediale Texte<br />
und symbolische Materialisierungen auf einen gemeinsamen zugrunde liegende<br />
Bedeutungsrahmen beziehen lassen, der sich, so zumindest die Quintessenz<br />
der vorangegangenen historischen Studien, auch als Applikationsrahmen subjektiven<br />
wie intersubjektiven Wissens und Handelns begreifen lässt.<br />
Somit können wir eine der Fragestellungen des vorliegenden Buches nun besser<br />
überblicken: die Frage nach dem innewohnenden Wissen von Spielen und<br />
welchen ›abstrakten‹ ideologischen Wirkungsrahmen sie entfalten. Zu präzisieren<br />
wäre nun aber in einem weiteren Schritt, wie über die Koppelung des<br />
Spielers an das Spiel konkret gesprochen werden kann. Denn hier, im eher handelnden<br />
und subjektorientierten Teil des Wirkungsrahmens von Computerspielen<br />
haben wir bis dato nur sehr abstrakt von einer Rezeption symbolischer<br />
Angebote gesprochen, deren Effektivität durch eine stabile und wirksame Unsichtbarkeit<br />
der Arbitrarität und Produziertheit von sowohl Text als auch Apparat<br />
hergestellt wird. Es wir also im nächsten Kapitel sehr konkret um die Frage<br />
des Bildes und der Repräsentation des Computerspiels gehen sowie um die<br />
ihm anhängende Apparativität.<br />
Es wird bereits im ersten Kapitel darauf verwiesen, dass die vorgetragene Argumentation<br />
von den Theoremen der Apparatusdebatte des Kinos befeuert<br />
wird. Daher soll nun auch in der Hinwendung zur ›Oberfläche‹ des Spiels parallel<br />
zur Apparatusdebatte die Frage nach der Ideologie weiter präsent bleiben<br />
– denn für das Kino postuliert die Apparatusdebatte eine unentwirrbare<br />
Interdependenz von Naturalisierung des Technischen mit den innewohnenden<br />
Ideologie<br />
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