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Medienwissenschaft) als epistemologische Frage begriffen werden, wie verschiedenen<br />

Mediensysteme die Teilhabe ihrer Rezipienten an sich selbst organisieren.<br />

Wie wird der Betrachter von Medien in sie ›hineingezogen‹?¯14<br />

Dem gegenüber ist meine These, dass es als ›gegenläufige‹ Erkenntnisrichtung<br />

auch die Frage gibt, wie durch das Handeln an Medien bestimmte Konstellationen<br />

aus ihnen herausgezogen werden, sich materialisieren, und analytisch<br />

wie theoretisch zugänglich werden – also wie Mediennutzer im Gebrauch von<br />

Medien ihre Begehren, Verlangen, Wünsche und Bedürfnisse aufrufen, sichtbar<br />

machen oder eben kurz: evozieren.¯15 Wie genau ist aber der Gehalt solcher<br />

Evokationen im Folgenden zu beschreiben? Worin liegt der maßgebliche<br />

›Mehrwert‹ des Spiels jenseits seiner Materialität oder seines symbolischen<br />

Niederschlags?<br />

›Das‹ Digitale oder ›der‹ Computer erscheinen gegenwärtig nach der verschiedentlich<br />

konstatierten ›digitalen Revolution‹ als großtechnische Systeme und<br />

gesellschaftliche Fakten, die zu definieren oder zu benennen uns (Wissenschaftler)<br />

vor ein Problem der Abgrenzung und Unschärfe stellen. Nicht das distinkte<br />

Objekt, nicht die schlichte Medientechnik oder -innovation stellen den eigentlich<br />

sinnstiftenden und bedeutungsproduktiven Kern des Projekts ›informatische<br />

Kultur‹ dar, sondern eine diffuse Matrix von Techniken, Handlungen,<br />

Netzstrukturen, operationalen Systemen und subjektiven Handlungen. Insofern<br />

erscheint es mehr als sinnvoll, das Nachdenken über die Implikationen<br />

einer digitalen / digitalisierten Kultur an einem entgrenzten und von seiner<br />

Eindeutigkeit, Objekthaftigkeit oder Fixierbarkeit des Untersuchungsgegenstandes<br />

gelösten Umfassung des Gegenstands aus stattfinden zu lassen.<br />

Das sublime Objekt<br />

Ich möchte daher vorschlagen, den ›Computer als evokatives Objekt‹ genau in<br />

diesem Sinne zu verstehen: als einen ›Objektbegriff‹ der Provokation, der den<br />

Computer als eine entgrenzte Technologie des Handelns begreift, also als ein<br />

»sublimes Objekt«. Der Begriff des sublimen Objekts geht zurück auf die kultursoziologische<br />

Untersuchung der Elektrifizierung des amerikanischen Kontinents<br />

durch David Nye (1990).¯16 Dieser beschreibt und begreift Elektrizitätstechnologie<br />

als ein Objekt, das eben nicht als technisch-inovatives Artefakt<br />

bewundert wurde, sondern als auratisiertes Subjekt innerhalb einer gesellschaftlichen<br />

Begehrens- und Kompensationsstruktur.¯17 In ähnlicher Weise<br />

setzten sich die Techniksoziologen Bernward Joerges und Ingo Braun (1994)<br />

mit den »großtechnischen Systemen« (Thomas P. Hughes) auseinander. Das<br />

26<br />

Evokationen und sublime Objekte

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