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Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion

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»Insofern bezeichnet der Regierungsbegriff nicht die ›Internalisierung‹ der Spielsemantik, sondern<br />

bildet ein Scharnier zwischen dem Technology-Tree und den Technologien des Selbst. Dieser<br />

letztgenannte Punkt verbindet bei den Vertretern der Governmentality Studies auch Methode<br />

und historische These: Die ›neoliberale‹ Regierungsmentalität beruht auf der ›Freiheit‹ der<br />

Subjekte und zielt auf ihre Selbstbestimmung und Autonomie ab; sie konstituiert diese Freiheit<br />

statt sie zu ›instrumentalisieren‹« (Reichert 2008, 208).<br />

Letztendlich wäre es aber meines Erachtens die noch abstraktere Adaption an<br />

eine Kausallogik der naturalisierten Effektivität von Rationalität, Regel und<br />

Wissensformationen, die im Gesamtzusammenhang der Spiele erst den Gegenstand<br />

einer ideologiekritischen Betrachtung bilden kann.<br />

Die Natur des Natürlichen<br />

Mit dieser ›melancholischen‹ Position endet das Nachdenken über das Verschwinden<br />

des Gemachten im Computerspiel vorläufig. Denn auch die Frage<br />

nach den Optionen der Dissidenz und des widerständigen Handelns, die bis<br />

zum jetzigen Stand der Argumentation noch unaufgelöst erscheint, wird aus<br />

der Perspektive einer unsichtbaren Adaption an Diskurse und Dispositive im<br />

Spiel meistenteils hinfällig. Dies ergibt sich in einer nüchternen Konsequenz<br />

aus dem Vorgetragenen. Wenn die Dispositive und Diskurse des Spiels einerseits<br />

so dominant sind wie angenommen und auf der anderen Seite so massiv<br />

an ihrer Verunsichtbarung und Naturalisierung arbeiten wie dargestellt, dann<br />

erscheint es nur logisch, dass Handlungsformen und Bedeutungspraktiken,<br />

nicht wirklich ›gegen den Diskurs‹ arbeiten können. Dies vor allem nicht, wenn<br />

diese Handlungsformen sichtbar und erkennbar einem vorgeblich dominanten<br />

Gebrauch widersprechen, wie er von einer instanzenbasierten Hegemonie oder<br />

Ideologie vorgegeben würde. Dies vor allem, wenn der ›eigentliche‹ diskursive<br />

und dispositive Handlungsmechanismus der Spiele so viel unsichtbarer und<br />

naturalisierter ist als angenommen. Vielmehr wäre anzunehmen, dass die dissidenten<br />

Handlungsformen nurmehr wieder kompensative und diskursstabilisierende<br />

Formen sind. Kurz gesagt: Formen widerständigen Handelns sind zu<br />

guter Letzt keine antihegemonialen Formen, sondern immer alternative Diskurspraktiken,<br />

die vom Diskurs selbst ›in Gang gesetzt werden‹, um seine eigene<br />

Funktionalität zu garantieren.<br />

Bei Louis Althusser bezeichnet die »Interpellation« (Anrufung) den Prozess, in<br />

dem ein Diskurs einen idealen Adressaten appelliert. Indem Adressaten durch<br />

ihre Reaktionen die durch den Diskurs vorgegebene Definition akzeptieren und<br />

214 Transparenz, Naturalisierung

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