Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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Konventionalisierung und Stereotypisierung<br />
Ein Mediensystem, das diese ›Verflachung‹ fast<br />
zum eigenständigen Strukturprinzip erhoben zu<br />
haben scheint, ist das Fernsehen. Beispielsweise<br />
ist die Bildfigur des vorrangig mit den Fernsehnachrichten<br />
konnotierten ›Shake-Hands‹ erkennbar<br />
der Konventionalisierung und Stereotypisierung<br />
verhaftet.¯157 Diese Krise der Bilder setzt<br />
unter anderem durch eben diese zunehmende<br />
visuelle Konventionalisierung ein (vgl. Winkler<br />
1992a). Wir sehen uns einer quantitativen Häufung<br />
des Immer-Gleichen ausgesetzt, also dem,<br />
was man auch als Stereotypisierung bezeichnen<br />
kann.<br />
Die Krise des medialen Bildes ist also zunächst<br />
eine Krise der quantitativen Vervielfältigung des<br />
Bildstereotyps. Und genau hier verliert das singuläre<br />
technische Bild, das ja durchaus Aussagecharakter<br />
hat, vorgeblich an Überzeugungskraft.<br />
Die Bilder verlieren ihre intuitive Verständlichkeit<br />
und werden eben nicht zur Sprachform, sondern<br />
zur Bildrhetorik. Die Konvention ist zu offensichtlich,<br />
um als Sprache zu wirken. Die Konvention<br />
verweist zu offensichtlich auf das Gemachte, die<br />
Konvention ist keine ›Natur‹.¯158<br />
Und genau hier scheint auch das ›übliche‹ marktorientierte<br />
und zielgruppenzugeschnittene Spiel<br />
anfällig zu sein. Das Wandern durch Gänge und<br />
Labyrinthe, das Schießen und Schlagen auf Aliens<br />
und Zombies, bestimmte Bildmotive, die dem<br />
first- und third-person-shooter sofort zuzuordenen<br />
sind, aber auch die Figur des Herumirrens<br />
in Nacht und Nebel, das Rätsellösen etc; dies alles<br />
scheint dem Verdacht des Stereotypen anheim<br />
zu fallen. Verkürzt könnte man sagen, dass in der<br />
allgemeinen Wahrnehmung der sprachlich-symbolische<br />
Gehalt des Bilds deswegen nicht wahrgenommen<br />
wird, weil das Bild sich zu ›primitiv<br />
Um der Repräsentationsordnung eines Spiels wie<br />
Silent Hill habhaft zu werden, scheint es also angebracht,<br />
nach den Konventionalisierungen und<br />
Stereotypisierungen solcher Repräsentationsordnungen<br />
Ausschau zu halten. Dabei kann (der umfassenden<br />
Darlegung zum Begriff des Stereotyps durch<br />
Schweinitz (2006) folgend) grob in unterschiedliche<br />
Facetten solcher Stereotypisierungen unterschieden<br />
werden. Die naheliegende Form ist dabei<br />
sicherlich, nach den erzählenden und visuellen Vereinfachungen<br />
zu suchen, die dem umgangssprachlichen<br />
Verwenden des Begriffs der Konventionalisierung<br />
und Stereotypisierung am nächsten liegen.<br />
Das Konkrete wird hierbei (funktional) ausgeblendet<br />
und abstrahiert. Stereotypen sind in diesem Zusammenhang<br />
nie etwas Komplettes (also kein ›ganzer‹<br />
Text oder ein ganzes ›Bild‹), sondern immer<br />
etwas Reduziertes, Vereinfachtes, Rasterhaftes. Sie<br />
sind als stabile Reduktionen auffassbar, die in ihrem<br />
Schematismus den kognitionspsychologischen<br />
Schemata nahestehen (s. Textkasten S.166). Es entsteht<br />
eine »prägnante Simplizität« (ebd.31). Dabei<br />
geht es nicht um eine schlichte Erfassung von Wiederholungsmomenten,<br />
sondern auch um die Herausstellung<br />
der dynamischen Handlungsbezogenheit<br />
der Schemabildung: »Sie [die Stereotypen -RFN]<br />
lassen sich mithin als pragmatische, mit Handlungskontexten<br />
(auch mit kommunikativen Kontexten)<br />
koordinierte Größe deuten, die sich allmählich<br />
an konkrete Kontexte angepasst haben – etwa an<br />
Dispositionen von Adressatengruppen bestimmter<br />
Textsorten« (ebd., 32). Sie erhalten ihre Prägnanz<br />
durch Simpliztität und durch eine Art der ›vereinfachenden<br />
Einschleifung‹ im wiederholten Gebrauch.<br />
Im Computerspiel sind diese Vereinfachungen und<br />
Stereotypisierungen relativ offenliegend. Durch<br />
Konventionalisierung<br />
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