Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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tionen‹ entstehen, sondern dass die Aktivität des<br />
Spangenberg (1991) definiert die »mediale Kopplung«<br />
als eine Form der Wahrnehmung in einem<br />
Mediennutzers zunächst und vorrangig dazu da<br />
ist, die Effektivität von Spiel (und zweitrangig die<br />
komplexen Sinnzusammenhang, der sich essentiell<br />
des Computers selbst) zu garantieren. Die Evokationen<br />
beziehen sich auf die Naturalisierung<br />
von bisherigen Kommunikationssituationen (Theater,<br />
Kino, Unterhaltung, etc.) unterscheidet. Diese<br />
den neuen Medien zugeschriebene Form der<br />
eines zutiefst limitierten und prädisponierten<br />
medientechnischen Verbundes, welcher ohne diese<br />
Naturalisierung nicht effektiv wäre. Analytisch<br />
Kopplung konturiert sich durch ein gebrochenes System<br />
von Eigen- und Fremderfahrung, von Sinnesaber<br />
lässt sich aus den Evokationen des Spiels herauslesen,<br />
was der Spieler sich von der zugrunde<br />
und Körperwahrnehmung, die eine Konstitution<br />
von ›Wirklichkeit‹ komplex und schwierig werden<br />
liegenden Technik wünscht. Der theoretisch-analytische<br />
Mehrwert des Computerspiels liegt also da-<br />
lassen. Nicht nur, dass die Dimensionen des Wahrnehmbaren<br />
(Raum, Zeit, etc.) ausgedehnt werden,<br />
rin, dass sich an der naturalisierenden Herstellung<br />
es kommt in der medialen Koppelung zusätzlich<br />
der Effektivität des sublimen Objekts ablesen lässt,<br />
auch zu Sinnbildungseffekten auf einer vorsemantischen<br />
Ebene.<br />
was zu seiner Existenzbedingung gesellschaftlich<br />
und subjektiv ›nötig‹ ist. Hier schließt eine ›ideologiekritische<br />
Spiele-Wissenschaft‹ eng an das<br />
Verfahren der Analyse von Wunschkonstellationen und der Hinterfragung von<br />
Praktiken der Herstellung von naturalisierenden Augenscheinlichkeiten und<br />
Evidenzen des Computers an. Es geht mir darum, die vorgebliche Transparenz<br />
des Interfaces dahingehend zu hinterfragen, indem ich den Computer als bedeutungsproduktives<br />
soziotechnisches System interpretieren möchte. Die Frage<br />
nach dem Gebrauch des Mediensystems ist dabei also weniger eine Frage<br />
nach dem Handeln am, sondern eine Frage nach dem Erzeugen, Produzieren<br />
und Verhandeln von immanent im Mediensystem vorhandenen kulturellen,<br />
sozialen und subjektiven Bedeutungselementen. Im Handeln am Computerspiel<br />
materialisiert sich nichts anderes als das ›Unterbewusste‹ von Diskurs<br />
und Subjekt.<br />
Schließen wir den Kreis der Argumentation und kehren noch einmal zu Edgar<br />
Allan Poe und dem Schach-Türken zurück. In meiner Lesweise des Poe´schen Artikels<br />
verstehe ich den Wunsch nach der perfekten Maschine dahingehend, ein<br />
Verlangen zu artikulieren, dem eigenen deduktiven Verstand einen ebenbürtigen<br />
Gegner in Form einer alle Spiele gewinnenden, »von sich aus functionierenden<br />
Maschine« gegenüber zu stellen. Die Maschine – in ihrer Gemachtheit,<br />
als technē – provoziert die Überlegenheit des menschlichen Intellekts.<br />
Der IBM-Rechner Deep Blue gewann am Sonntag, den 11. Mai 1997 den Wettkampf<br />
gegen den Schachweltmeister Gari Kasparow. Damit erfüllte sich der<br />
geheime Wunsch von der intellektuellen Omnipotenz der Maschine, der sich<br />
vom Kempelen´schen Automaten über die Phantasien de la Mettries bis hin zu<br />
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Evokationen und sublime Objekte