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further removes the game from the chess category, and approximates it to the<br />

likeness of active service« (ebd., 25). Es fallen aber auch strukturelle Ähnlichkeiten<br />

mit dem Hellwig´schen und anderen zeitgenössischen Kriegsspielen auf:<br />

Auch Wells kennt das generelle System der Figurenbewegung und die Corpsbewegung<br />

(das rasterbasierte Brett wird hier durch metrische Maßangaben der<br />

Figurenbewegung ersetzt), auch bei ihm gibt es die Aufteilung in Bewegungsund<br />

Schussaktionen sowie die Idee des anfänglich verdeckten und geteilten<br />

Spielfeldes zur Geheimhaltung der jeweiligen Ausgangspositionen.<br />

Aber nicht nur die Gummizugkanone, auch der Standort des Spielfeld gibt einen<br />

entscheidenden Hinweis auf das ›Wesen‹ des von Wells gedachten Spiels:<br />

Seine ›Floor Games‹ finden auf dem Fußboden statt.¯71 Wells beschreibt die<br />

Entwicklung des Kriegsspiels als eine subjektive Erfahrung des Spielens, als<br />

eine ›selbstständig‹ sich ergebende Steigerung der Komplexität und das Regelwerk<br />

als eine ›natürliche‹ Rationalisierung des Spiels.¯72 So steht bei Wells die<br />

körperliche Beteiligung des Spielers in Form des Hinlegens und Zielens über<br />

die Kanone im Mittelpunkt der Erfahrung des Spiels (ebd. 92). Dies steigert<br />

sich noch in der ›outdoor‹-Variante des Spiels (s. Abb. 25), in der nicht nur der<br />

Wind den Zufallsfaktor des Beschusses steigert, sondern (bei Wells unausgesprochen)<br />

auch der Begriff des Spielens als einem körperlich-teilhabenden Probehandeln<br />

und kompensativen Tun eine Betonung erfährt. An dieser Stelle sei<br />

noch einmal kurz auf den am Anfang angerissenen pädagogischen Diskurs verwiesen:<br />

Auf eine bestimmte Weise scheint die Idee Wells’, die des körperlich ertüchtigenden,<br />

gleichzeitig aber ›beschützten‹ Spielens, anschlussfähig an die<br />

Postulate der Aufklärungspädagogik, die maßgeblich im Konzept des Kindergartens<br />

mündeten:<br />

»Under the influence of the Enlightenment philosophers and the new problems set by industrialization<br />

and urbanization, children became not only beings that could and should be educated<br />

but also beings that needed physical exercise and fresh air, needed social, mental, moral, and<br />

physical training and development. […] Children were, while playing on the public playground,<br />

at once safe from cars and motorcycles, out in the fresh air getting exercise, away from the corrupting<br />

influences of the streets and the theatres, and learning about social interaction« (Lauwaert<br />

2006, 61).<br />

Das Wells’sche Kriegsspiel wendet sich an eine Zielgruppe von Jungen jeden Alters,<br />

von 5 bis 150 und »girls of the better sort and, by a few rare and gifted woman«<br />

(Wells 1913, 7). Es adressiert also nicht den jungen Kadettenschüler, sondern<br />

das Kind (oder das ›Kind im Manne‹), außerdem dient es nicht mittelbar<br />

der Ausbildung im Kriegshandwerk, sondern will eine Form des sozial eingebetteten<br />

Handelns sein.<br />

80<br />

Strategie spielen

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