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diese Formen ›alternativen‹ Mediengebrauchs<br />

nicht auf eine bestimmte Weise ›naturalisierende‹<br />

Formen des Mediengebrauchs darstellen,<br />

die genauso an der Naturalisierung der Rechner<br />

über das Spiel mitarbeiten. Denn das ›lustvolle‹<br />

Gebrauchen der Spiele zu alternativen Bedeutungsproduktionen<br />

ist nicht zuletzt auch<br />

wiederum ein Gebrauchen der ideologischen<br />

Techniken zu ihren eigenen Bedingungen: Keine<br />

dieser Handlungsweisen intendiert das Zerstören,<br />

Enteignen oder radikale Politisieren der<br />

Abb. 8: Die potentielle Unabgeschlossenheit<br />

des Spiels: Jeder errungene Highscore verlangt<br />

nach seiner Überbietung<br />

ideo logischen Techniken oder ist in der Lage, die<br />

ideologische Form der Rechner grundsätzlich offen<br />

zu legen. Die vorgeblich ›subkulturellen‹ alternativen<br />

Aneignungspraktiken von institutionell vorgegebenen Gebrauchsmustern<br />

sind eine dritte Verschleierung von technischen und apparativen<br />

Ideologemen.<br />

Als weiteres Beispielfeld könnte hier noch die ›Divergenz des Endes‹ angedeutet<br />

werden. Huzinga konturiert das Spiel als genuin endlos; das Spiel wird<br />

an pragmatisch definierten Stellen unterbrochen (nämlich durch die vordefinierten<br />

Siegbedingungen), aber nicht grundsätzlich beendet. Ein Fußballspiel<br />

endet nach 90 Minuten, und die Bundesliga ist mit der Überreichung des Meisterschaftspokals<br />

abgeschlossen; die kulturelle Effektivität des Fußballs aber<br />

entfaltet sich erst durch seine grundsätzliche Unabgeschlossenheit (vgl. Adelmann<br />

/ Stauff 2003, 111): »nach dem Spiel ist vor dem Spiel«. In eben solcher<br />

Weise aber konstruiert auch das Computerspiel seine Definition des Endes<br />

durch das Erfüllen vorgeblicher Siegesbedingungen. Highscore-orientierte<br />

Spiele beispielsweise evozieren immer neue Versuche, sich selbst (oder andere)<br />

zu übertreffen; Simulationsspiele, die den Rechner selbst als Gegenspieler<br />

einsetzen (beispielsweise beim Computerschach), evozieren das immer erneute<br />

»Scheitern als Chance«,¯36 narrative Spielkonzepte (wie beispielsweise<br />

in der Silent Hill-Reihe (1999-2004)) locken mit der Verheißung alternativer<br />

Enden, jump´n´runs oder Shooter evozieren das immer erneute Durchspielen<br />

von Leveln oder dem ganzen Spiel zur Steigerung der eigenen Geschicklichkeit,<br />

die im online zur allgemeinen Begutachtung ausgestellten speed run¯37 ihren<br />

Höhepunkt findet. Das Computerspiel lebt also aus der Divergenz einer doppelten<br />

Siegbedingung: einerseits das vorgegebene Spielziel zu seiner Beendigung<br />

zu erreichen, andererseits aber auch die wiederholte und idealerweise<br />

unendliche Aufgeschobenheit der Koppelung an das Spiel als eine Akkomoda-<br />

40<br />

Evokationen und sublime Objekte

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