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Augenmerk beider Zugriffsweisen zur Bestimmung der gesellschaftlichen Bedeutungsstruktur<br />

von Technikverbünden, Innovationsdiskursen und Technikhandeln<br />

ruht nicht auf der technisch-apparativen Verfasstheit einer solchen<br />

›Gemachtheit‹, sondern auf den kulturellen, sozialen und ökonomischen Konsequenzen.<br />

›Großtechnische Systeme‹ und ›sublime Objekte‹ bedingen eine<br />

Veränderung einer Gesellschaft eher in Form und Betrachtungsweise als einer<br />

soziale Praktik denn als technisch-apparative Setzung.<br />

Insofern kann eine Beschäftigung mit Computerspielen als evokativen Objekten<br />

– als eine stellvertretende Diskussion der Beschäftigung mit dem Digitalen<br />

(oder in den Worten Hartmut Winklers (1997) mit dem »Docuversum«)<br />

– Aufschlüsse darüber geben, wie sich das Wissens- und Handlungsfeld ›Computer‹<br />

als Evokation von sozialen Praxen, Diskursen¯18 und Dispositiven¯19<br />

verstehen und beschreiben lässt.<br />

Oder etwas konkreter formuliert, bzw. medientheoretisch ausgedrückt: Im<br />

Werkzeug und in der Kulturtechnologie Computer oder Netz (exemplarisch untersucht<br />

am Beispiel des Spiels) materialisieren sich gesellschaftliche Bedeutungsstrukturen,<br />

die zunächst vage als ›diskursiv organisiert‹ zu beschreiben<br />

wären. Es interessieren dann Effekte des Computers, der Digitalität und der<br />

Netzkultur vor allem als Effekte der ›Aushandlung‹ eines Technoids, welches<br />

sich zwischen Technik und Gesellschaft, artefaktischem Apparat und seinem<br />

User etabliert. Das Spiel mag als ›Bei-Spiel‹, Leitmetapher oder verdichteter<br />

›Ort‹ für ein solches Nachdenken dienen: »Es ist das Phänomen des Spiels,<br />

welches unseren Umgang mit der neuen Technologie bestimmt« (Adamowsky<br />

2000, 18).<br />

Dabei ist die Wahl des Beispiels nicht zufällig: Es besteht eine hohe Interdependenz<br />

zwischen Spiel und Docuversum, zwischen Hardeware-Entwicklung<br />

und Spielimplementierung. Das Spiel ist nicht zuletzt dem Rechner von Anbeginn<br />

beigegeben. Stark verkürzt ließe sich argumentieren, dass der Siegeszug<br />

der Computerspiele interdependent mit der Etablierung des Computers als<br />

technischem Artefakt und gesellschaftlicher Konstitution verläuft (Pias 2002).<br />

Ohne hier eine Linie dezidierter ›Computerspielhistoriographie‹ eröffnen zu<br />

wollen, soll doch darauf hingewiesen werden, dass die frühesten Computerspiele<br />

mit den frühesten Computern und elektronischen Rechnern parallel<br />

gehen. William Higinbothams Tennis for Two (eine Art Pong-Vorläufer) entsteht<br />

für den Tag der offenen Tür des Brookhaven National Laboratory¯20 1958<br />

auf einem selbstkonstruierten Analogrechner und einem Oszilloskop-Interface.<br />

Eines der ›nächsten‹ Spiele ist das 1960 in einem offenen Prozess entwickelte<br />

TicTacToe, programiert auf dem TX-0 Großrechner am MIT durch den Steve<br />

Russel und dem »Tech Modell Railroad Club«, gefolgt von dem populäreren<br />

Sublimes Objekt<br />

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