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len solche Momente der physischen Teilhabe an einem per se als Symbolisch<br />

angenommenen System Effekte der »Ver-Körperung« dar.¯27 Das Zerren am<br />

Joystick in Rennspielen oder beat´em´ups, das Erschrecken bei Shooter-Spielen<br />

oder Horror-Adventures, der Röhrenblick bei Flug- und Rennsimulationen oder<br />

das Nachbild fallender Tetrissteinchen sind Effekte, die vielleicht nicht nur<br />

dem Extremspieler bekannt sind.<br />

Jenseits des Somatischen ist es aber auch und vor allem das Affektive, welches<br />

im Spiel dominiert.¯28 Reaktion, intuitives Handeln und Siegeswillen sind Haltungen,<br />

die sich im Bezug auf das Computerspiel vielleicht nicht gerade verallgemeinern<br />

lassen, zumindest aber erahnen lassen, dass die Spielsituation eine<br />

Praktik gesteigerten Medienhandelns darstellt.<br />

Dass in einer Situation, in der der Medienrezipient in solch hohem Maße somatisch<br />

und affektiv herausgefordert ist, das spielende Subjekt für Verhandlungen<br />

und ›Einschreibungen‹ durch das Medium empfänglich(er) ist, erscheint<br />

augenfällig. Das Paar Spiel-Spieler setzt sich Diskursen aus, die durch<br />

die ›Hybridisierung‹ und ›Verlängerung der beiden Teile ineinander‹ hochgradig<br />

effektiv anzunehmen sind.<br />

Mit der Betonung eines Erfahrungsbegriffs wird aber noch eine andere, zunächst<br />

analytische, in Konsequenz aber auch epistemologische, Perspektive<br />

deutlich. Nämlich die, das Spiel innerhalb des Mediums als repräsentationales,<br />

bildliches, intuitiv ›lesbares‹ – eben nicht-sprachliches – Medienangebot verstärkt<br />

in die Aufmerksamkeit zu rücken. Dies mag zunächst nicht überraschen,<br />

zeigen sich doch die Spiele in ihren Oberflächen prinzipiell als visuelle Darbietungen,<br />

und dies konsequenterweise in einem Medienumfeld, welches gemeinhin<br />

mittels des Prädikats ›multimedial‹ als audiovisuell und eben nicht<br />

schriftlich / sprachlich ausgewiesen wird. Die Gegenthese zu einer solchen<br />

›oberflächlichen‹ Betrachtung ist aber die Perspektive, den Rechner als grundsätzlich<br />

symbolisches System zu verstehen (als ein »Aufschreibesystem« und<br />

einen »Textprozessierer«). Im Herzen des Spiels liegt (wie überall im Computer)<br />

der Quellcode, die Maschinensprache und die binäre Distinktion von 0 und<br />

1 verborgen. Die technischen Bilder der Spiele ›überlagern‹ diese arbiträren<br />

Codes¯29 – können sie aber nicht vollständig ausschalten.<br />

Diese kommonsensualisierte und ›effektive‹ Überformung des Computers als<br />

Bild- (und eben nicht als Text-) Medium hat aber weitreichende Ursachen und<br />

Konsequenzen. Hartmut Winkler (1997) zeigt, dass die Zuschreibungen an und<br />

Konzeptualisierungen von Computer unter der Prämisse zu verstehen seien,<br />

dass es maßgeblich Utopien und Wünsche sind, die »das Datenuniversum als<br />

eine Medienkonstellation aus sich heraustreibt« (ebd. 17). Interessant ist dabei,<br />

dass Winkler die Idee vorgibt, die Bedeutung des Computers ebenso in einem<br />

34<br />

Evokationen und sublime Objekte

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