Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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Hier werden Medien so konzeptualisiert, als sie durch eine (potentiell dynamisch-abgrenzende)<br />
Relation der Nähe zu Machtideologien charakterisiert<br />
sind. Entscheidend scheint daher zunächst das Ordnungsschema zu sein, das<br />
innerhalb eines Medientextes eine ›Balance‹ zwischen Dissidenz in der Ideologie,<br />
Dissidenz gegen Ideologie oder Dissidenz als Naturalisierung von Ideologie<br />
etabliert. Dies ist auch für die Computerspiele anzunehmen: Sie sind in<br />
mehrfacher Hinsicht eingebunden in die (disparate und nicht lineare) Bedeutungsproduktion<br />
der Medien. Daher machen sich am Spiel beide ›Sprechweisen‹<br />
fest. Die Dissidenzbehauptung scheint eine Position zu sein, die vorrangig<br />
dem ›Äußerungsort‹ der ökonomischen Lobby und den Rezipienten zuzuschlagen<br />
wäre, gleichzeitig aber auch dem Akademisch-Analytischen – wenngleich<br />
die jungen Game Studies den kritischen Impuls dem Game gegenüber oftmals<br />
durch ein euphorisches Vorwegnehmen nicht ausgesprochener Gegenargumente<br />
zu überkompensieren scheinen.¯174 Die Position der Ideologiebehauptung<br />
wäre subsumierend eher dem öffentlichen (politischen wie kommonsensualen)<br />
Diskurs zuzuschlagen, der Computerspiele entweder als virtuellen<br />
Sport, ludisches Kulturstiften oder subventions- wie förderungswürdiges ökonomisches<br />
Gut stabilisiert oder es aber (mit dem ›Killerspiel-Argument‹ der<br />
nachhaltigen Wirkung rezipierter Inhalte) diskreditiert.<br />
Medienwissenschaftlich interessant scheint es an dieser Stelle aber weniger,<br />
innerhalb dieser Argumentation eine genealogische oder archäologische Aussage<br />
über die ›Richtigkeit‹ der einen oder anderen Thesen zu treffen, sondern<br />
diese Aussagepraktiken selbst als Material zu verwenden, um aus den Paratexten<br />
der Medien die (oftmals gar nicht so sehr) verborgenen<br />
»Wunschkonstellationen« (Winker 1997) zu extrahieren, die dieses ›Sprechenüber-Medien‹<br />
auszeichnet, welches weniger ein tatsächlich ›Gegebenes‹ der<br />
Medien thematisiert, sondern vielmehr gesellschaftliche Utopien und Phantasien<br />
über Medien offenbart.<br />
Es ist insofern nur naheliegend, dass sich auch um das Game solche Verhandlungen<br />
der potentiellen Aneigenbarkeit des Medientextes oder des Mediums<br />
strukturieren.¯175 Ob dies nun im Rahmen akademischer Auseinandersetzungen,<br />
in Form paratextueller Äußerungen (exemplarisch das obige Zitat<br />
Kringiels) oder in Form grundsätzlicher Positionierungen kulturtheoretischer<br />
Natur geschieht – all diesen Denkungsweisen ist es gemein, den hier angedeuteten<br />
Widerstreit zwischen der (unhintergehbaren) Dominanz bzw. der<br />
(durch Unterwanderung entstehenden) Dissidenz von Medientexten zu verhandeln.¯176<br />
Es ist nicht das Ziel dieser Darlegung, eine abschließende Wertung solcher Auseinandersetzungen<br />
vorzunehmen. Vielmehr interessiert die Erkenntnis, dass<br />
Appropriation 203