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durch Georg Franck (1998) vorgeschlagenen »Ökonomie der Aufmerksamkeit«,<br />

die davon ausgeht, dass in einer modernen, massenmedialen Gesellschaft die<br />

Aufmerksamkeit (des Subjekts und der Gemeinschaft) zu einem wertvollen Gut<br />

wird.¯198<br />

»Der Anteil der geistigen Arbeit am Sozialprodukt hat den körperlichen in allen entwickelten<br />

Volkswirtschaften inzwischen weit überrundet. Die Aufmerksamkeit ist hier zur generell wichtigsten<br />

Quelle der Wertschöpfung geworden. Eigenartigerweise spielt sie aber so gut wie keine<br />

Rolle in der Wissenschaft von der Ökonomie. […] Dort ist zwar viel von Entmaterialisierung, Informatisierung<br />

und Virtualisierung die Rede, die zentrale Ressource der Informationsverarbeitung<br />

kommt aber nicht zur Sprache« (ebd., 13).<br />

Folgen wird dieser Argumentation, so wäre die Frage, wo ein solcher ›Aufmerksamkeitstausch‹<br />

im Rahmen einer Ökonomie des Spiels aufzufinden wäre. Die<br />

Antwort ist zunächst parallel zum Fernsehen leicht gefunden. Die vom Spieler<br />

in das Spiel investierte Zeit, Aufmerksamkeit, Immersion und produktive<br />

Bedeutungsarbeit sind die erkennbar (und wesentlich deutlicher als im Fernsehen<br />

nachzuvollziehende) Herstellung einer ›Ware Aufmerksamkeit‹. Wo im<br />

Fernsehen diese Aufmerksamkeit ein ›schwierig‹ zu konsumierendes Gut darstellt<br />

(ablenkungsreiches daytime-Fernsehen, zeitversetztes Fernsehen via Video-<br />

oder Festplattenrekorder, zapping und switching etc.), ist diese Aufmerksamkeit<br />

beim Spiel als wesentlich ungebrochener anzunehmen. Fast könnte<br />

man polemisieren: Solange das Spiel sein Anforderungsniveau an den Spieler<br />

weder zu hoch oder zu niedrig ansetzt, ist dessen Aufmerksamkeit fast sicher<br />

garantiert.¯199<br />

4. Der ›Wert‹ Aufmerksamkeit könnte ein zentrales Kriterium einer Tauschökonomie<br />

darstellen.<br />

Die Aufmerksamkeit des Spielers ist zunächst (quantitativ gedacht) analog zu<br />

setzen mit der mit dem Spiel verbrachten Zeit. Sie stiften Zeitstrukturen innerhalb<br />

ihrer Narrationen und benötigen Zeit, um gespielt zu werden. Gleichzeitig<br />

generieren sie aber auch unterschiedliche Formen der »sozialen Zeit«<br />

(Beck 1994). Ins Betriebssystem integrierte (und damit vielerorts fest mit der<br />

Operabilität des Rechners ›verkettete‹) Spiele wie beispielsweise Minesweeper<br />

(1992) oder Spider-Solitär (1998) schaffen somit eine Dialektik der ›verlorenen<br />

Zeit‹ (›verschwendete‹ Arbeitszeit als ökonomischer Schaden) und einer ›gewonnenen<br />

Zeit‹ (Heraustreten aus der Arbeit, Gewinn des Subjekts an Entspannung,<br />

Ablenkung, Spaß) – einer Erfahrung der Koppelung von Ideologie und<br />

Widerstand, der man sich kaum entziehen kann und die ›offen‹ zu Tage tritt.<br />

Ökonomie<br />

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