Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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sentierenden stehen – wie sich also der Funktionalismus der Naturalisierung<br />
auch auf der Ebene des ›Textuellen‹ und des ›Visuell-Symbolischen‹ konzeptualisieren<br />
lässt. Als Vorschlag wird ein Struktur-Modell der ›Konventionalisierungs-Naturalisierung‹<br />
auf symbolisch-visueller Ebene etabliert (vgl. Abb. 56).<br />
Der Kern dieses Konzeptes ist die Frage nach dem, was als ›das‹ Symbolische<br />
des Spiels zu gelten hat. Hier steht in gängigen Konzepten und Aneignungsformen<br />
zumeist eine Trennung von Form und Inhalt im Wege, die eine vereinheitlichende<br />
Umfassung des Symbolischen unterminiert.<br />
Zum einen scheint es in einem generalisierten Zugriff auf aktuelle martktgängige<br />
Spiele zweierlei Ebenen der symbolischen Codierung zu geben. Die<br />
erste Ebene suggeriert eine ›Lesbarkeit‹, die durch eine Artikulation von Wissen<br />
und Aussagen seitens der Enunziation hergestellt wird und die durch eine<br />
aneignende Decodierung von visuell manifesten Aussageformen dem rezipierenden<br />
Subjekt zugänglich ist. Demgegenüber scheint eine zweite Artikulation<br />
zu existieren, die eine ›Sehbarkeit‹ des Spiels suggeriert. Diese Ebene lässt<br />
den Eindruck entstehen, dass im Spiel technisch generierte, ›arbiträre‹, ›nicht<br />
referenzielle‹ oder ›simulatorische‹ Bildfolgen anwesend ist, die jenseits des<br />
›Gesagten‹ des Spiels dessen visuelle ›Seinsform‹ darstellt, also als eine Art<br />
Rahmen und Referenzgeste den Wirkungsbereich der ersten Ebene sicherstellt.<br />
Kurz: Das natürliche Sprechen, Erzählen und Artikulieren des Spiels (als Remedialisierung<br />
bekannter narrativer, dramatischer oder fiktiver Text- und Medienformen)<br />
würde in Kombination mit den neuen simulierten, virtuellen und<br />
künstlichen Bildwelten (exemplarisch am Modell des Phantastischen aufgezeigt)<br />
erst das ergeben, was wir als Computerspiel bezeichnen. Dieses Computerspiel<br />
wird dann als eine natürlich wirkende Formation der Kombination<br />
der differenten Ebenen veranschlagt, als ein ambivalentes System ›künstlicher<br />
<strong>Natürlichkeit</strong>‹, die sich funktional in ein Ensemble technischer Massenmedien<br />
und ihrer Formate eingliedert.<br />
Demgegenüber steht die Idee des vorgeschlagenen Strukturmodells, diese<br />
Trennung aufzugeben. Der hier vertretende Ansatz zielt im wesentlichen darauf,<br />
im Computerspiel eine Bildsprache als Hybridisierung der beiden Ebenen<br />
von ›Text‹ und ›Bild‹ zu konstatieren, die sich einerseits dominant aus dem Korpus<br />
eines kommonsensualisierten Wissens speist, dabei aber weitestgehend<br />
durch ihre Naturalisierung unsichtbar verbleibt und somit weder in der konkreten<br />
Handlung des Spielens noch in der theoretischen Konzeptualisierung<br />
des Spiels ›auffällig wird‹.<br />
Schlüsselpunkt dieser funktionalen Hybridisierung ist der von beiden Ebenen<br />
behauptete Realismuseffekt. Das ›Bild‹ des Computerspiels aktueller Ausprägung<br />
verweist auf eine Funktion des (mediengeschichtlich vorentworfenen)<br />
Zusammenführung 189