Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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Appropriationen<br />
Im Zentrum von Kapitel 5 steht die Beobachtung,<br />
»Also Spieler, benutzt eure Fantasie und übernehmt<br />
die Kontrolle, anstatt immer nach der Pfeife<br />
dass das Sprechen über beispielsweise shooter<br />
von einem als bipolar zu bezeichnenden System<br />
der Entwickler zu tanzen! Setzt den Schiri ab, übersprüht<br />
die Feldlinien mit euren eigenen Zeichen,<br />
der Aussagen durchzogen ist, welches das Computerspiel<br />
als entweder produktökonomisch oder<br />
und baut euch eigene Tore aus ein paar geklauten<br />
ideologisch eingebunden oder aber als dissident<br />
Brettern, Nägeln – und Brot! ¡Viva la revolución!«<br />
(subjektiv oder gesellschaftlich) aneigenbaren<br />
Danny Kringiel (2005a): Rezension zu Half-Life 2)<br />
Medientext begreift. Weiter wurde angedeutet,<br />
dass dieses Ordnungsschema nicht nur das ›Sprechen-Über‹<br />
durchzieht und strukturiert, sondern auch den Medientext selbst<br />
wie auch seine technischen, funktionalen und ökonomischen Bedingungen<br />
durchdringt.<br />
Ein solches Ordnungsschema der Bedeutungsaushandlung anzutreffen mutet<br />
aber (medienwissenschaftlich) nicht weiter überraschend an. Medien sind traditionell<br />
der Aushandlungsort solcher ›Bedeutungskämpfe‹. Zumal ›neue‹, also<br />
gesellschaftlich und ökonomisch noch nicht klar positionierte Medien oder Medieninnovationen<br />
traditionell offen für solche Aneignungskämpfe sind. Ob es<br />
nun das ›junge‹ Radio ist, das in der Brecht´schen Radiotheorie (Brecht 1989)<br />
als Moment der Artikulation proletarischer Interessen begriffen wird, ob es<br />
das junge Medium Video ist, das in der Bewegung der ›offenen Kanäle‹ zum<br />
Gegenmedium funktionalisiert werden soll (vgl. Kamp 1986) oder ob es die paradigmatischen<br />
Visionen angesichts des jungen Mediums Internet sind, die als<br />
Vergleich herangezogen werden: Immer artikuliert sich ein solches Ordnungsschema,<br />
das den hierarchisch gedachten Strukturen der Mediengesellschaft<br />
ein Potential der Gegenöffentlichkeit, der Aneigenbarkeit durch den Rezipienten<br />
oder die Artikulation basisdemokratischer Optionen zuweist. Medien<br />
wird auf diese Weise eine grundsätzliche Option ihrer Beherrschbarkeit zu den<br />
›eigenen‹ Bedingungen zugeschrieben.<br />
Die Auseinandersetzung mit solchen medialen Äußerungsformen ist andererseits<br />
geprägt von der Konzeption eines als repressiv, dominant-institutionell<br />
oder schlicht omnipräsenten Macht- und Gewaltmonopols seitens des Staats,<br />
der Ökonomie oder eines ›Bedeutungsmonopols‹. Die Position der Ideologie<br />
wird dabei mal als Form der »Hegemonien« (Gramsci), der »institutionalisierten<br />
Staatsapparate« (Athusser), eines »power bloc« (Fiske) der »Kulturindustrie«<br />
(Adorno) oder einer das Selbst steuernden »gouvernementalité« (Foucault)<br />
konzeptualisiert.<br />
202 Transparenz, Naturalisierung