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Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion

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Frequenz als Modellwerte eben nicht nur in der Arbeitswissenschaft,¯116 sondern<br />

auch in der abstrakten Beschreibung eines disziplinatorischen Dispositivs,<br />

das zunächst ohne den Körper angenommen wird. Aber es ist Lefebvres<br />

Verdienst, deutlich zu machen, dass das Rhythmische hier gerade ›an anderer<br />

Stelle‹ an den Körper als eine ›verunsichtbarte‹ Form des Distinkten, Frequentierten<br />

und Bemessenden zurückkoppelt: Es ist dies eine Naturalisierung am<br />

Ort des Handelns – des Gebrauchens (Lefebvre 1992, 69).<br />

Einer dieser Orte des Handelns ließe sich, wie bereits angedeutet, meines Erachtens<br />

mit dem Computerspiel benennen. Dies scheint mir ein signifikanter<br />

Ort, an dem sich in deutlicher Weise aktuell die Diskurse des Arbeitens, Schreibens,<br />

aber auch des Freizeitverhaltens unter der Perspektive der Instatiierung<br />

deutlich verdichten.<br />

In Beobachtung japanischer Spielhallen und pachinko-Spieler¯117 fragt sich<br />

Günther Anders (1988),<br />

»ob nicht heute ein Großteil unserer emotionalen Energie unseren Apparaten gilt. Erforderlich<br />

wäre also eine spezielle, der Sozialpsychologie entsprechende und dieser ebenbürtige psychologische<br />

Sonderdisziplin, deren erste Aufgabe darin zu bestehen hätte, unsere Beziehung zu unseren<br />

Dingen-, namentlich zu unserer Apparatewelt zu erforschen; wozu auch die Beziehung der<br />

Dinge zu uns gehören würde – womit freilich nur gemeint sein kann: die Art, in der wir uns von<br />

unseren Dingen behandelt vorkommen« (ebd.60).<br />

Entkleiden wir den Vorschlag Günther Anders’ seiner kultur- und technikpessimistischen<br />

Grundhaltung, dann ist mit der von ihm vorgeschlagenen Untersuchung<br />

der ›Art wie wir die Dinge sehen und die Dinge uns behandeln‹ eine<br />

doppelte Perspektive auf die technischen Medien gewonnen. In unserem Falle<br />

wäre es die Frage nach der Medientechnik, der (Rhythmus-)Arbeit und der Herauslösung<br />

eines ›Dings‹ (dem Computerspiel) in einem Bereich von Freizeit,<br />

der dennoch ›erwerbsökonomisch‹ und ›maschinell-produktiv‹ verstanden und<br />

thematisiert werden kann.<br />

Die monotone und ›sonambule‹ Form der von Günther Anders beobachteten<br />

Spiel-Spieler-Koppelung lässt sich mühelos auch auf eine bestimmte Wahrnehmung<br />

von Computerspiel-Spielern aktueller Ausprägung übertragen. Claus<br />

Pias’ (2002) Untersuchungen zum Computerspiel haben deutlich gemacht, wie<br />

sehr der Computer und seine Spiele aus dem Geist der Arbeitswissenschaft und<br />

der Körper-Arbeit-Effektivierung abstammen. Und diese These ist von einer<br />

überzeugenden Stringenz: Der Computer ist ein (wenn nicht gar das) Arbeitsgerät<br />

der Nachmoderne und steht hier in einer logischen und konsequenten<br />

Fortsetzung zur Schreibmaschine u.ä. Der Computer ist das entscheidendste<br />

arbeitsorientierte ›Maschinenäquivalent‹ unserer Kultur, und es steht zu ver-<br />

Rhythmscience<br />

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