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Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion

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Strategie und Statistik<br />

Möglicherweise liegt in dieser Erkenntnis ein Schlüsselmoment zum Verständnis<br />

der hier besprochenen Strategiespiele verborgen. Mit dem Hinweis auf das<br />

monitoring¯84 von Regelfunktionen in SimCity ist ein Handlungsmodell aufgerufen,<br />

das dazu geeignet scheint, das ›strategische Handeln in der Versinnlichung‹<br />

zu erklären. Im Rahmen seiner Theorie des Normalismus¯85 stellt<br />

Jürgen Link (1998) das statistische Dispositiv ins Zentrum der Analyse moderner<br />

Gesellschaftsformen. Die Verdatung der Welt, die Adaption an statistische<br />

Normalwerte und -felder sowie die kontinuierliche Rückkoppelung an diese<br />

Normalfelder stellen bei Link eine der wirkmächtigsten Macht- und Ordnungsfunktionen<br />

der Moderne dar. Die (Foucaultsche) Figur des Übergangs von repressiven<br />

zu (selbst-) disziplinatorischen Ordnungs- und Machttypen aufgreifend,<br />

beschreibt Link die Normalisierung als eine ambivalente Figur, die in<br />

autoritärer und repressiver wie auch in selbst anzueignender und didaktischer<br />

Form auftreten kann (vgl. ebd. 75ff).¯86 Vor allem der Prozess der Intersubjektivierung<br />

und Aneignung von Ordnungsformen ist es, die für die Betrachtung<br />

von Spielen sinnvoll erscheint: Wie werden die Ordnungs- und Wissensmodelle<br />

solcher Spiele internalisiert und naturalisiert? Link kann zeigen, dass<br />

die Subjektivierung normalistischer Strukturen über Narrationstypen stattfindet<br />

(ebd.57ff): Der Normalismus bricht die objektive Datenlage auf subjektive<br />

Applikationen und Orientierungen herunter, die als quasi ›natürliche‹ Erfahrungen<br />

ihre Wirkungen entfalten. Konkret bedeutet dies, dass innerhalb<br />

der gesellschaftlichen Bedeutungsproduktion ein wesentliches Moment nicht<br />

mehr die Logik des Ausschlusses ist (also der Exklusion eines Subjekts oder<br />

einer Handlung, die jenseits eines gesellschaftlich ausgehandelten ›Normalmaßes‹<br />

steht), sondern die permanente Adaption von Subjekten und Handlungen<br />

in ein dynamisches und in permanenter Verhandlung befindliches Normalfeld.<br />

Die Gausskurve der statistischen Normalverteilung bildet aktuell eine<br />

der wirkmächtigsten Adaptionsvorlagen.¯87<br />

»Sowohl die protonormalistische wie die flexibel-normalistische Steuerung der Subjektivitäten<br />

bewegt sich in einem kollektivsymbolisch konstruierten Orientierungsrahmen, den ich die normalistische<br />

Kurvenlandschaft nenne. Die Gesamtheit dieser Kurvenlandschaft bildet der ›innere<br />

Bildschirm‹ normalistischer Subjekte, der ihnen zur imaginären Orientierung dient und der<br />

ihnen von Kindheit an vor allem durch die Massenmedien implementiert wird [...]« (Link 2001,<br />

85).<br />

Damit ist die statistische Normalverteilung das Regelungssystem gesellschaftlicher<br />

Inklusion: Zu den abflachenden Rändern der Kurve strebende Hand-<br />

90<br />

Strategie spielen

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