Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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172˘Somit ist wieder ein Argument dafür gefunden, Interaktivität als eine Illusion des<br />
Programms zu begreifen. Es wäre dann sinniger, von ›Reaktivität‹ zu sprechen. Damit wäre<br />
die Möglichkeit des Programmdiskurses zu im Moment seiner Auslesung auf vordefinierte<br />
Interventionen des Agierenden im Rahmen vordefinierter Optionen zu reagieren besser<br />
bezeichnet. Das Programm würde also ein klassisches Reiz-Reaktions-Schema instantiieren.<br />
Im Rahmen des Argumentierens Winklers wäre es also angemessen, Interaktivität als<br />
Wunschkonstellation zu begreifen.<br />
173˘Venus (2006, 322ff) löst die für die Diskussionen der Game Studies so zentrale Binarität<br />
von Erzählen und Spielen in eine Dialektik auf. Erzählen charakterisiert bei ihm zunächst<br />
eine deskriptive Darstellung aussermedialer Sachverhalte und rekuriert auf den Prozess<br />
der Identifikation des Spielers mit dem Spiel. Spielen ist in seiner Betrachtungsweise dann<br />
ein Angebot an den Rezipienten, zum Handlungsträger des darsgestellten Geschehens zu<br />
werden, indem er zum Träger der Darstellungshandlung wird; ein Prozess der als immersiv<br />
zu charakterisieren wäre. In einer abstarhierenden Betrachtungsweise wäre dann –<br />
Venus weiter folgend – das Spielen als performativ, das Erzählen als normativ zu werten.<br />
Hier nun aber würde sich die strikte Trennung von Spielen/Erzählen im Handlungsmodell<br />
von Performativität/Normativität aufheben. Die erzählerische Vermittlung von Normen<br />
und Normativität setzt auf der Aussetzung von Performativität auf; umgekehrt bedarf die<br />
Performativität des Spiels eine Aussetzung der Norm.<br />
174˘Für eine kritische und ausführliche Auseinandersetzung mit den Argumenten und<br />
Motivationen vor allem der Game Studies im Rahmen der ›Medienwirkungsdebatte‹ vgl.<br />
Furtwängler 2008.<br />
175˘Im Rahmen des ideologiekritischen Nachdenkens über populäre Medien ist eine solche<br />
Argumentation wahrscheinlich in jüngster Zeit am meisten mit den Arbeiten John Fiskes<br />
verknüpft.<br />
176˘Für das Spiel und die Spieltheorie ist dies sicherlich am häufigsten mit der Auseinandersetzung<br />
mit der Regel als Konstitutiv des Spiels vs. der Produktivität des Regelbruchs<br />
im spielenden Handeln dekliniert worden (vgl. auch Neitzel/<strong>Nohr</strong>/Wiemer i.Dr.).<br />
177˘Schon Kunczik (1987) konnte in seiner Ausdifferenzierung der Argumente in der Mediengewaltdebatte<br />
u.a. zeigen, dass Theorien in Laiendiskursen genutzt werden, um eigene<br />
Vorstellungen omnipräsenter Massenmedien (»aus der Mottenkiste der Wirkungsforschung«<br />
(ebd.186)) zu bestätigen. Williams (1995) führt aus, wie komplex und schwierig, aber gleichzeitig<br />
wie produktiv es ist, den Diskurs (hier: der Pornografie) selbst in Augenschein zu nehmen,<br />
das Sprechen-über und die eigene Eingebundenheit in komplexe Systeme interdiskursiver<br />
Verhandlungen aufzuschließen.<br />
178˘ Mit diesem Slogan bewarb George Eastman seine am 13. Juni 1888 angekündigte einfache,<br />
handliche Kamera, die er schlicht ›The Kodak Camera‹ nannte, die einen Film mit 100<br />
Bildern enthielt und nach der Belichtung des Films in Gänze zur Entwicklung eingesandt<br />
wurde. Eastmans Vision war die Demokratisierung der Fotografie.<br />
252 Anmerkungen