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Hier etabliert sich eine Ökonomie der Aufmerksamkeit, innerhalb derer die Ambivalenz<br />

der Warenhaftigkeit der ›Ware Spiel‹ wieder aufscheint.<br />

Konzeptualisieren wir aber zunächst noch einmal im Sinne der postulierten<br />

finanziellen Ökonomie zweiter Ordnung einen Produzentenstatus des Spiels,<br />

der die Ware ›Aufmerksamkeit des Spielers‹ produziert. Wer aber konsumiert<br />

diese Ware? Welchen Preis zahlt dieser Konsument für die Ware? Hier scheint<br />

die Analogisierung des Spiels mit dem Fernsehen brüchig zu werden: Dort bezahlt<br />

der Werbekunde für die Ware der Aufmerksamkeit potentiellen Käufer<br />

für seiner Produkte, eben den Konsumenten von Werbung. Spiel ist aber (noch)<br />

weitestgehend frei von Werbung. Lediglich das Segment der Gratisspiele ließe<br />

sich so hinreichend erklären. Der Erfolg von Moorhuhn (1999) oder Yeti-Sports<br />

(2004), aber auch das gesamte Segment der serious games¯200 ließe sich so<br />

konzeptualisieren, als diese Spiele die Aufmerksamkeit eines Subjekts ›einkaufen‹,<br />

um diese Aufmerksamkeit nach Möglichkeit an eine andere Information<br />

anzukoppeln. In ebensolcher Weise ließen sich auch die historischen Strategiespiele<br />

von H.G. Wells und J.C.L. Hellwig (vgl. Kap. 3) als derartige Tauschkonzepte<br />

beschreiben. Der Autor (Enunziator) des Spiels will über das Ludische<br />

seines Produkts die Aufmerksamkeit des Subjekts für eine inhärent konzeptualisierte<br />

›mitschwingende‹ Wissensformation gewinnen.<br />

Diese Konzepte des Tausches machen aber ersichtlich, dass in der zweiten Ökonomie<br />

des abstrakten Tausches auf finanzieller Ebene möglicherweise auch<br />

nicht mehr länger nach konkret adressierbaren, institutionellen, materiellen<br />

oder verkörperten Konsumenten gesucht werden muss. Unter Umständen<br />

könnten wir auch annehmen, dass der ›Käufer‹ der Aufmerksamkeit des spielenden<br />

Subjekts auch das Dispositiv des Technisch-Apparativen selbst ist.<br />

Es liegt eine gewisse Logik darin, zu argumentieren: Die gesamte Stoßrichtung<br />

des bis hierhin Vorgetragenen zielte drauf ab, vom Verschwinden der Apparate,<br />

Maschinen und Diskurse zu referieren. Insofern mutet es dann auch nicht<br />

weiter verwunderlich an, wenn uns der ›massivste‹ Konsument, bzw. Akteur im<br />

Spiel des Spiels, nicht augenfällig wird.<br />

Dennoch und gerade deswegen ist es aber sinnvoll, davon auszugehen, dass die<br />

Aufmerksamkeit des Spielers sich an eine Technik und Apparathaftigkeit bindet,<br />

die (wie immer wieder aufgezeigt) nicht unschuldig oder neutral ist, sondern<br />

hochgradig durchdrungen ist von Ideologien, Wissensformationen und<br />

Akkomodationsangenboten.<br />

Das Dispositiv kann also in der Denkungsweise einer zweiten finanziellen Ökonomie<br />

als gewichtiger ›Akteur‹ im Tausch der Aufmerksamkeit konzeptualisiert<br />

werden. Das Dispositiv greift aktiv und ›bezahlend‹ in einen Prozess ein,<br />

um das rezipierende Subjekt an sich zu binden, zu akkommodieren und ad-<br />

222 Ausblick

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