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Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion

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Modellbildung: Regieren und Simulieren<br />

Versuchen wir, die bisher vorgetragenen Analysen und Beschreibungen zusammenzuführen.<br />

Die Beschäftigung mit den Kriegsspielen Hellwigs und Wells´<br />

haben deutlich werden lassen, dass beide Spiele von einer Versinnlichung von<br />

Erfahrungswerten ausgehen und ihre Spieler an eine intendierten Wissensbestand<br />

leiten wollen. Auffällig war hierbei, dass die Hellwig´sche Spielanleitung<br />

davon ausgeht, dass das spielende Subjekt im Spiel an die Handlungs- und Wissenslogik<br />

des Militärisch-Strategischen herangeführt werden könne, während<br />

Wells von einer potentiellen Adaptierbarkeit humanistischen Gedankenguts<br />

(gleichsam im Sinne einer aristotelischen Logik der Katharsis) ausgeht. Beiden<br />

Spielen ist weiterhin gemein, dass sie den Status des potentiell symbolischen<br />

Probehandelns offen funktionalisieren und das ludische Prinzip in den Mittelpunkt<br />

ihrer Konzeptualisierungen rücken.<br />

Hier klafft jedoch eine der deutlichsten Lücken innerhalb der beiden Konzeptualisierungen<br />

auf: der Spielbegriff selbst. Von Hellwig intendiert ist eine pädagogisch<br />

motivierte, spielerische Adaption an ›den Ernst des Lebens‹, während<br />

Wells an eine mögliche (ebenso pädagogisch motivierte) abgrenzende Funktion<br />

des Spiels vom Ernst des Lebens glaubt. Der Hellwig´sche Schüler am grünen<br />

Tisch kann und soll sich – sinnlich lernend – vergnügen, der Spieler der »Little<br />

Wars« auf dem Fußboden vergnügt sich hingegen schon allein deshalb, weil<br />

Spielen per se Vergnügen bedeutet und den Menschen zum (besseren) Menschen<br />

macht. Entscheidend ist hierbei jedoch eine wichtige Differenzierung:<br />

nämlich die Unterscheidung in das ludische Moment, das sich in allen besprochenen<br />

Spielen erst im Moment des Spielens selbst entfaltet (das also durch<br />

das spielende Subjekt in Interaktion mit dem Regelalgorythmus ›aktiviert‹<br />

wird) und das narrative Moment, das bereits vor Spielbeginn im Regelwerk und<br />

in der Ausgangssituation des Spiels festgelegt ist. Insofern wäre hier also zwischen<br />

Wissensstrukturen, die im Spiel per se angelegt sind, die also durch den<br />

narrativen Kontext des Spiels prädisponiert sind, und Wissensstrukturen, die<br />

ludisch ›freigespielt‹ werden und demnach eher dem Kontext des spielenden<br />

Subjekts zuzuschlagen wären, zu unterscheiden.¯90<br />

Ungeachtet der Wertung der vermittelten Normen setzen aber alle hier besprochenen<br />

Spiele auf eine ›vorentworfene‹ narrative Logik der Vermittlung<br />

von Wissen durch eine spielerische Simulation. Der Sprung zu SimCity hat nun<br />

deutlich werden lassen, dass eine solche Logik offensichtlich auch aktuellen<br />

Computerspielen beigegeben ist. Letzter Schritt unseres Vergleichs wäre also<br />

nun die Behandlung der Frage, inwieweit es ein Beschreibungs- und Analyseinstrumentarium<br />

geben kann, das all diesen Spielen gerecht wird und dabei<br />

94<br />

Strategie spielen

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