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Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion

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als verstörend oder defizitär wahrgenommen werden würden. Hier hat das Visuelle<br />

des Phantastischen das Spiel der Signifikanten so weit getrieben, dass<br />

das Bild des Phantastischen wieder zum Ursprung des Phantastischen selbst<br />

werden kann. Es zeigt sich am Beispiel des ›Sichtbaren‹ des Fürsten Morpheus<br />

eine Ähnlichkeit zur ›Sichtbarkeit‹ der Spielerfahrung von Silent Hill. Auch hier<br />

ist das Visuelle der Simulation, der Signifikant der Erzählung, nur eine deutungsoffene,<br />

vorgeblich subjektive, in Wirklichkeit aber in den sprachlichen<br />

Diskurs seiner Lesbarkeit rückgekoppelte Möglichkeitsbedingung des Effekts<br />

des Repräsentierten.<br />

Schluss<br />

Diese mehrfach überlagerte Naturalisierungstendenz hat sich durch die in diesem<br />

Kapitel vorgetragene, symboltheoretische und apparative Ebene konzeptuell<br />

ergänzend darstellen lassen. Ich habe in diesem Kapitel abschließend anzudeuten<br />

versucht, wie sich sowohl die Technik als auch die Geschichte des<br />

Spiels bestimmter Strategien bedient, um zu Natur zu werden, sich also zu naturalisieren.<br />

Am Ende diesen Kapitels steht zusammenfassend nochmals die<br />

Postulation der vier für diese Argumentation entschiedenenden Thesen: Wir<br />

naturalisieren Arbitrarität, wenn wir spielen. Wir naturalisieren Wissen, wenn<br />

wir spielen. Wir naturalisieren Medienapparate, wenn wir spielen. Und: Wir naturalisiere<br />

Ideologie, wenn wir spielen.<br />

Die Technik verbirgt sich hinter Effekten des Visuellen, hinter Effekten der vorgeblichen<br />

Subjektivierung von Erfahrung und Handlung. Am Beispiel kann gezeigt<br />

werden, wie das Narrativ sich hier des Phantastischen bedient und an<br />

der Auflösung einer eindeutigen und distinkten Erfahrungswirklichkeit arbeitet.<br />

Silent Hill zu spielen ist ›echtes‹ Erleben von Affekten, Fernsehen ist ein<br />

›Fenster zur Welt‹, ins Kino gehen wie tagträumen. Der Gebrauch von Medien<br />

scheint insofern ein ›gefährliches‹ Spiel zu sein, als jedes Mediengebrauchen<br />

immer auch ein Stück die Aufgabe von Eindeutigkeit bedeutet.<br />

Nocheinmal taucht nun aber auch die Ideologiefrage selbst auf, wie sie sich<br />

schon am Ende des letzten Kapitels angedeutet hat. Meint die Naturalisierung<br />

von Apparat, Zeichen, Erzählung und Wissen, dass wir dem ›hegemonialen<br />

Gerät Computer‹ chancenlos ausgeliefert sind, dass das Spielen von Silent<br />

Hill, SimCity oder Half-Life uns unhintergehbar an die Technik und die<br />

Machtverhältnisse unserer Gesellschaft kettet? Inwieweit sind die immersiven<br />

Effekte auch Effekte der Naturalisierung von erwerbsökonomischen und tayloristischen<br />

Arbeitsgeräten? Wir pflegen ›emotionalen‹ und ›affektiven‹ Um-<br />

Das Phantastische<br />

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