Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion
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Materielle Persistenz<br />
Die Idee der Strukturbildung und eine Betonung des Zeichenhaften verweisen<br />
aber noch einmal auf ein Kernproblem medienwissenschaftlich betriebener<br />
Game Studies, nämlich auf die Frage, in welcher Weise ›das Spiel‹ konzeptualisiert<br />
werden kann, wenn der ›offene‹ Begriff des Dispositivs ›konkretisiert‹<br />
werden soll. Mit der Konzeption des Dispositivs in seiner diskurstheoretischen<br />
Wendung ist eine Gleichzeitigkeit von symbolisch-sprachlichen Diskurskonstellationen<br />
vorgegeben, die um eine materielle und technische Ausprägung<br />
ergänzt ist. Erstere scheint sich über die symboltheoretischen Annahmen gut<br />
beschreiben zu lassen. Wie ließe sich aber der Teil der ›ideologisch imprägnierten<br />
Technik‹ des Dispositivs näher beleuchten? Vordergründig liegt ein<br />
Zugriff nahe, der das Computerspiel auf der Basis seiner dominanten Technizität<br />
aus einem Blickwinkel von Mediengenealogie, -archäologie und -technikgeschichte<br />
adressiert und somit das ›sublime Objekt‹ Spiel als eng verschaltet<br />
mit seinen ›Gestellen‹ begreift und über diese Brücke versucht, den Strukturbildungsprozessen,<br />
den Bedeutungsproduktionen und dem Diskursiven nachzuspüren.<br />
Zwei Einwände sprechen aber gerade im Bezug auf das Computerspiel gegen<br />
einen solchen Weg. Der eine ist pragmatisch, der andere theoretisch begründet.<br />
Der theoretische Einwand ist der, dass sich aus einer ›technikzentrierten‹<br />
Perspektivierung von Medien eine Suspendierung des Subjekts ergibt und somit<br />
eine wirkmächtige Größe in der Artikulation von Diskursen und Zeichen<br />
aus dem Rennen genommen wird. Die Dominanten und Dynamiken eines Mediums<br />
vorrangig oder ausschließlich aus einer Prägekraft und stabilen Kontinuität<br />
des Technischen zu erklären, mag im Bezug auf den Gegenstand Spiel<br />
punktuell produktiv erscheinen (wie beispielsweise in den Arbeiten Pias´ oder<br />
der hier vorgelegten Lesweise der Rhythmus-Arbeits-Akkomodation), verstellt<br />
aber wesentliche Zugriffe auf die zeichenhaften, diskursiven, subjektiven und<br />
intersubjektiven Artikulationen, die sich um, über, mit und durch das Spiel bilden.<br />
Markus Stauff subsumiert in seiner ausführlichen Auseinandersetzung<br />
(ders. 2005, 181-202) mit der theoretischen Basis diesen Problems:<br />
»Der Verweis auf die technische, materielle ›Härte‹ eignet sich somit kaum als Differenzierungskriterium<br />
(etwa gegenüber Diskursen). So richtig der Hinweis ist, dass eine apparative<br />
Anordnung auf Praktiken, Codes oder Diskurse strukturierend einwirkt, so wenig macht die Anordnung<br />
selbst die Strukturierungseffekte aus; ebenso wenig lässt sich das Ausmaß oder die<br />
Dauerhaftigkeit ihrer Wirksamkeit daraus ableiten. Wenn die materielle Basis eine Determinationskraft<br />
hat, dann nur ›in letzter Instanz‹, von der wir aber seit Althusser (1968, 81) wissen,<br />
192 Transparenz, Naturalisierung