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Nohr_Natürlichkeit_Onlineversion

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(Bolter / Grusin) aufeinander und sorgen durch die parallele Sichtbarkeit und<br />

Unsichtbarkeit der Gemachtheit des Spiels für die Konstitution einer Unmittelbarkeitserfahrung<br />

eines (ominösen) Realen (»the real«, ebd.). Die Naturalisierungstendenz<br />

des Spiels im Medium ist eine, die zunächst und vor allem darin<br />

begründet liegt, dass parallel zur Technizität und zur Apparathaftigkeit des<br />

Spiels auch die anhängige Ideologie verunsichtbart wird. Mit diesem Rückgriff<br />

über Bolter und Grusin hinaus auf die (ideologiekritischen) ›Ursprünge‹ einer<br />

Transparenzdebatte zeichnet sich aber auch der Kern des hier vorliegenden<br />

Projekts ab. Es ist der Versuch, punktuell und analytisch einige verschleierte<br />

und naturalisierte Ideologeme des Rechnerspiels offenzulegen und dabei gegebenenfalls<br />

zu verallgemeinerbaren Sätzen über die Funktion des Spiels für<br />

eine »telematische Kultur« (Flusser 1985) zu gelangen.<br />

Koppelung, Erfahrung und die Evokation von Wünschen<br />

Worum es mir aber in diesen Darlegungen geht, ist zu zeigen, dass die Kopplung<br />

zwischen Mensch und Maschine, zwischen Spieler und Spieltechnik, zwischen<br />

Medienhandeln und Medienangebot dergestalt zu begreifen ist, als hier<br />

(auch) exemplarisch für die Rechnerkultur die Aushandlung von Bedeutungen,<br />

Wirkungen und Praktiken analysiert werden kann. In solchen Momenten der<br />

Koppelung (als Evokation, Immersion, Partizipation oder – schon schwieriger –<br />

als reaktives oder interaktives Handeln) lassen sich meines Erachtens Effekte<br />

der Regulation, der Hybridisierung, der Naturalisierung, der Transgression und<br />

der Codierung beobachten. Wie aber lässt sich zunächst und vorrangig das Moment<br />

der Koppelung konzeptualisieren? Hierzu ist eine exkursive Bestimmung<br />

einer Definition des Spielbegriffs notwendig, der hier (exemplarisch) an Huizinga<br />

(1994) dargestellt werden soll:<br />

»Das Spiel als solches geht über die Grenzen rein biologischer oder doch rein physischer Betätigung<br />

hinaus. Es ist eine sinnvolle Funktion. Im Spiel ›spielt‹ etwas mit, was über den unmittelbaren<br />

Drang nach Lebensbehauptung hinausgeht und in die Lebensbetätigung einen Sinn hineinlegt«<br />

(ebd.9).<br />

Huizinga begreift das Spiel also einerseits als Teil von Lebensweltlichkeit und<br />

andererseits als eine Form der gesteigerten Erfahrung. An der Definition Huizingas<br />

schwingt aber auch schon eine Idee des Hervorbringens mit, als etwas,<br />

das ›über die Lebensbehauptung hinausgeht‹. Die (ästhetische) Zweckfreiheit,<br />

die Schiller 1795 (1966) im Spiel verwirklicht sieht, setzt den theoretisch wirkungsmächtigen<br />

Ansatzpunkt für eine solchermaßen idealisierte Sichtweise<br />

32<br />

Evokationen und sublime Objekte

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