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Bevor Hitler kam - Parzifal eV

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völkischer Grundlage zu sammeln und für einen Neubau von Volk und<br />

Reich zu begeistern. Das ist sogar bereits vor dem Ersten Weltkriege<br />

mitten im Kaiserreich geschehen, als Protest gegen die Sattheit und<br />

Spießerhaftigkeit der damaligen Welt, deren Ende dann 1914 jubelnd<br />

begrüßt wurde. Aus der deutschen Jugend heraus wuchs damals die<br />

Wandervogel-Bewegung und mündete später mit vielen ihrer besten<br />

Kräfte im Nationalsozialismus 131 ). Sie floß aus den verschiedensten<br />

Quellen zusammen. Den Anfang machte 1897 der Berliner Primaner<br />

Karl Fischer 132 ) mit seinen Freunden am Gymnasium zu Steglitz, die<br />

sich zu Wanderungen in diszipliniertem Geiste, „Fahrten" genannt, zusammenfanden<br />

und für den Führergedanken schwärmten. 1901 legten<br />

sie sich den Namen „Wandervögel" zu. Karl Fischers völkischer und<br />

antisemitischer, alldeutscher und großdeutscher Geist ging auf die<br />

Gruppen über, deren Ideologie von den Gedanken um Blut und Boden<br />

geprägt war und den Haß gegen die Zivilisation und den Liberalismus,<br />

den Humanismus und Pazifismus, gegen die Sozialdemokraten und<br />

Bolschewisten ebenso wie gegen die Juden schürte. Nach einer Zählung<br />

vom März 1914 z. B. gab es in 92% aller Gruppen keine Juden, und<br />

zwar bei 84% der Gruppen aufgrund besonderer Beschlüsse nicht. Die<br />

10—17jäh-rigen traten der Jungenschaft bei, die 18—23jährigen der<br />

Jung-mannschaft. Die älteren Wandervögel und die Lebensreformer<br />

organisierten sich als „Freideutsche Jugend". Durch das nun überall in<br />

Schwung kommende Jugendwandern wurden Jugendherbergen<br />

notwendig, die seit 1910 auf Anregung des Lehrers Richard Schirrmann<br />

entstanden, der den Vorsitz im „Reichsverband für deutsche<br />

Jugendherbergen" übernahm; dieser zählte 1929 in 978 Ortsgruppen<br />

über 117 000 Mitglieder und betreute 2180 Herbergen; Schirrmann, der<br />

später auch das Weltjugend-herbergswerk begründete, starb 87jährig<br />

erst 1963. All diese Wandervögel, die z. T. schon vor dem Ersten<br />

Weltkriege das Hakenkreuz als völkisches Abzeichen führten, stehen in<br />

einer geistesgeschichtlichen Linie, die von Luther begonnen und von<br />

Kant und dem deutschen Idealismus fortgesetzt wurde: in dem<br />

Bestreben nach Selbstbefreiung des Menschen zur Eigengesetzlichkeit<br />

und Selbstverantwortung. Immer wieder fragte und fragt heute noch die<br />

Jugend: „Wie soll ich mein Leben führen?" Die Träger dieses neuen<br />

Geistes konnten nun damals selbstverständlich keine Konservativen<br />

sein, wohl aber Revolutionäre, die vor 1914 eine deutliche Tendenz zur<br />

Republik zeigten — und den Antisemitismus oft noch ablehnten. Nach<br />

1918 setzte sich dann die völkisch-antisemitisch-großdeutsche<br />

Richtung bei ihnen<br />

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