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Bevor Hitler kam - Parzifal eV

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Heiligenkreuz bei Wien, verließ es jedoch ein Jahr nach der<br />

Priesterweihe (1899), angeblich wegen „fleischlicher Liebe". Nach<br />

Selbsternennung zum „Baron Jörg Lancz de Liebenfels" gründete er<br />

einen nach streng katholischem Vorbild organisierten — wenn auch<br />

vielleicht nicht von der katholischen Kirche inspirierten (wofür sich<br />

keine handfesten Beweise ergeben) Orden, den ONT, „Orden des Neuen<br />

Tempels" (Ordo Novi Templi). Auf diese Idee <strong>kam</strong> der Stifter angeblich<br />

durch Heinrich Marschners romantische Oper „Der Templer und die<br />

Jüdin" von 1829 und errichtete nun den 1119 gegründeten und 1312<br />

durch Papst Clemens V. aufgelösten Templer-Orden wieder —<br />

allerdings in völlig neuer Form. Lanz, der sich selbst den „ariogermanischen<br />

Weistumskünder" nannte, nahm in seinen Orden nur blaublonde<br />

Männer auf, die sich zur „Reinzucht" verpflichteten — auch mit<br />

jenen Ausnahmen, wie sie die NSDAP mit ihren „Ehrenariern" zu<br />

machen beliebte. Mit List zusammen bildete Lanz das geistige Zentrum<br />

des rassischen Antisemitismus in der Donaumonarchie Österreich-<br />

Ungarn und nahm die düstere Rassenmystik des Nationalsozialismus als<br />

dessen direkter Wegbereiter vorweg. Allerdings soll er anfangs nicht<br />

Antisemit gewesen, sondern es erst mit dem Anwachsen der NSDAP<br />

geworden sein. Verbindungen der Neutempler bestanden auch zum<br />

amerikanischen Ku-Klux-Klan, jener heute noch in den USA<br />

einflußreichen antisemitischen und rassenkämpferischen Organisation,<br />

deren geheimnisvolles und brutales Wirken viel Aufsehen erregt. Der<br />

ONT hatte dank reicher Freunde und Gönner, zu denen vor allem der<br />

Wiener Industrielle und Eisenwerkbesitzer Johann Walthari Wölfl<br />

gehörte, von allen Seiten Geld genug, um sich mehrere „Grals"-bürgen<br />

und Felsenkapellen zu kaufen und auszubauen, wo in weißen<br />

Gewändern, mit dem Templerkreuz versehen (s. Hakenkreuz, Seite<br />

228), sogenannte „Gralfeiern" abgehalten wurden. Viele dieser<br />

Neutemplerbräuche finden sich im Weihe-Ritual der <strong>Hitler</strong>jugend und<br />

vor allem der Junkerschaft der nationalsozialistischen Ordensburgen<br />

wieder; auch das Ku-Klux-Klan-Ritual in den USA ähnelt dem der<br />

Templer. Der Ordenskonvent tagte jeweils auf der Burgruine<br />

Werfenstein im Strudengau an der Donau, einem der schönsten<br />

Landstriche Österreichs. Diese wohl von Kaiser Karl dem Großen<br />

begründete Burg war die Heimat der Frau Helche, der aus dem<br />

Nibelungenlied bekannten Gemahlin des Hunnenkönigs Etzel. Hier auf<br />

dem Werfenstein wehte auch 1907 — wohl erstmalig in Deutschland —<br />

die Hakenkreuzfahne, zu der das als Ordensabzeichen dienende<br />

Krukenkreuz abgewandelt war. Und hier oben feierte die Wiener<br />

jüdische Gemeinde<br />

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