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Bevor Hitler kam - Parzifal eV

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lichen Grundlagen trug (vgl. auch mit Seiten 143 ff.). Lueger stand<br />

dabei unter dem Einfluß der Enzykliken Papst Leo XIII. und der<br />

katholischen sozialpolitischen Theorien des Freiherrn Carl von<br />

Vogelsang, eines zum Katholizismus konvertierten pommerschen<br />

Juristen, Rittergutsbesitzers und nassauischen Kammerherren (1818—<br />

1890). Er gründete 1879 in Wien die „Monatsschrift für christliche<br />

Sozialreform" und hatte am Juden vor allem das Zinsnehmen getadelt,<br />

das „die ganze Volkswirtschaft vergiftet, die soziale Moral zerstört...<br />

Der Zins ist der Angelpunkt der sozialen Frage... Nicht nur der<br />

Antisemit erkennt in dem Juden den vorzüglichsten Repräsentanten des<br />

Kapitalismus ..." So bezeichnete denn Dr. Lueger auf dem Zweiten<br />

Allgemeinen Osterreichischen Katholikentag die Juden als den inneren<br />

Feind Österreichs, „der am Marke des mächtigen Stammes nagt, den er<br />

zu fällen sucht"; er hielt bei den Juden sogar den Ritualmord für<br />

möglich und glaubte, daß ihr Ziel die Weltherrschaft sei. Im<br />

österreichischen Parlament vermochten die Antisemiten keine Mehrheit<br />

zu gewinnen und konzentrierten sich daher auf das Wiener<br />

Gemeindeparlament, wo sie bald zwei Drittel aller Sitze innehatten —<br />

und in dieser Zeit wurde <strong>Hitler</strong> als Bewohner Wiens zum Antisemiten,<br />

unter kräftiger Mithilfe des Lanz von Liebenfels, wie wir aus dem 14.<br />

Kapitel ersahen. Zu den engsten Mitarbeitern des Antijuden-Führers Dr.<br />

Lueger gehörte neben Professor Dr. Ernest Schneider (der die physische<br />

Ausrottung der Juden und ein „Schußgeld" dafür forderte) und dem<br />

katholischen Pfarrer Dr. Joseph Deckert („Die Juden müssen<br />

unschädlich gemacht werden ... Der Rassenantisemitismus ist vereinbar<br />

mit der Kirche") auch der „Halbjude" Porzer, Wiens 2. Bürgermeister.<br />

Hier erprobte sich an dem Erfinder des Schlagwortes „Wer Jude ist,<br />

bestimme ich!", dem Dr. Lueger, ein Brauch, den wir im Dritten Reiche<br />

gleichfalls wieder vorfinden. Nach dem Tode des Parteiführers wird<br />

seine Position von 1910/18 von einem der bedeutendsten Redner der<br />

Klerikalen im österreichischen Abgeordnetenhause eingenommen, von<br />

seinem alten Mitkämpfer Alois Prinzen von und zu Liechtenstein, dem<br />

Enkel des österreichischen Feldmarschalls Johann I. Fürsten<br />

Liechtenstein (aus der Zeit der Befreiungskriege); dieser Wiener<br />

(1846/1920) war erst Offizier, dann Diplomat, um schließlich in der<br />

Politik aufzugehen: ab 1891 bei den Christlich-Sozialen; seit 1906<br />

amtierte er auch zugleich als Landmarschall von Niederösterreich.<br />

Daß die Alldeutschen im Reiche, denen wir das 8. Kapitel gewidmet<br />

haben, auch Antisemiten waren, ist uns bekannt. Wir<br />

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