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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Michael von Cranach<br />

wird erkennbar beim Lesen des Sondervotums von Herrn Häfner.<br />

Häfner plädiert für ein zweistufiges System, ich zitiere: »Der Vorschlag<br />

der Kommission, den neuen psychiatrischen Behandlungszentren<br />

bzw. den psychiatrischen Abteilungen wiederum alle Versorgungsaufgaben<br />

in einer Stufe zusammengefasst aufzuerlegen, ist<br />

das Ergebnis eines mühevoll erreichten Kompromisses zwischen weit<br />

auseinander liegenden Auffassungen in der Kommission. Ein gemeinsames<br />

Ziel war dabei das Bemühen eine Schlechterstellung<br />

chronisch <strong>Kranke</strong>r zu vermeiden. Gegen diesen Kompromiss sind<br />

schwerwiegende Bedenken zu erheben. Die Unterbringung chronisch<br />

<strong>Kranke</strong>r in neuen, kleineren Einrichtungen garantiert noch<br />

keineswegs eine bessere Versorgung. Es besteht sogar die Gefahr, daß<br />

kleine Gruppen <strong>Kranke</strong>r, die einer besonders intensiven Behandlung<br />

bedürfen, in solchen kleinen Einheitskrankenhäusern mit großer<br />

Aufgabenvielfalt vernachlässigt werden müssen.« (S. 415)<br />

Diese »weit auseinander liegenden Auffassungen« bestimmen bis<br />

heute die Auseinandersetzung. Der 13 <strong>Jahre</strong> später erschienene<br />

Bericht der Expertenkommission spricht sich für eine einstufige<br />

Lösung aus. Ich zitiere: »Die klinisch-stationäre <strong>Psychiatrie</strong> ist in die<br />

allgemeine <strong>Kranke</strong>nhausversorgung zu integrieren. Zur Verwirklichung<br />

dieses Zieles gibt es zwei Wege:<br />

� Psychiatrische Abteilungen am allgemeinen <strong>Kranke</strong>nhaus sollen<br />

vermehrt aufgebaut werden, die die regionale Vollversorgung<br />

(.....) übernehmen.<br />

� Die Entwicklung psychiatrischer <strong>Kranke</strong>nhäuser soll konsequent<br />

weitergeführt werden zum Aufbau von wohnortnahen Außenstellen<br />

an allgemeinen <strong>Kranke</strong>nhäusern, die die Versorgungsverpflichtung<br />

für eine definierte Bevölkerung übernehmen und<br />

schließlich auch in die Trägerschaft von Allgemeinkrankenhäusern<br />

überführt werden.« (S. 292)<br />

Die Expertenkommission hat die Konsequenzen dieses Vorschlages<br />

nicht weitergedacht bzw. nicht in schriftlicher Form. Sie äußert sich<br />

nicht dazu, was aus den psychiatrischen Fachkrankenhäusern werden<br />

soll, wenn durch Neugründung von Abteilungen oder sich<br />

verselbstständigten Außenstellen ein flächendeckendes Netz stationärer<br />

Behandlungsmöglichkeiten am allgemeinen <strong>Kranke</strong>nhaus entstanden<br />

ist. Der Streit ging weiter, spitzte sich derart zu, dass die<br />

Leiter psychiatrischer Abteilungen an allgemeinen <strong>Kranke</strong>nhäusern<br />

Vom Streit um Spezialisierung und Regionalisierung<br />

16 17<br />

aus der so genannten Bundesdirektorenkonferenz auszogen und eine<br />

eigene Gruppierung aufbauten, sodass die Leiter psychiatrischer<br />

Fachkrankenhäuser nun unter sich waren. Eine gemeinsame Diskussionsbasis<br />

ging verloren. Einen weiteren traurigen Höhepunkt<br />

erreichte die Auseinandersetzung als unmittelbar kurz nach der<br />

Wende gemischt besetzte Kommissionen die neuen Bundesländer<br />

aufsuchten, um die Bundesregierung zu beraten bei der Neuordnung<br />

der <strong>Psychiatrie</strong> in diesem <strong>Teil</strong> des Landes. Befürworter der<br />

Abteilungspsychiatrie waren enttäuscht, dass die Gelegenheit nicht<br />

genutzt wurde, die stationäre Versorgung von Grund auf neu zu<br />

strukturieren und die Anhänger des Fachkrankenhauses waren enttäuscht,<br />

dass nicht genug Mittel in den grundsätzlichen Aufbau der<br />

Fachkrankenhäuser gesteckt wurde. Das Ergebnis ist uns allen bekannt.<br />

In einem Zeitraffertempo von 10 <strong>Jahre</strong>n ist die Situation, was<br />

diese Kontroverse angeht, in den neuen Bundesländern mittlerweile<br />

ähnlich wie in den alten Bundesländern. 1989 kam es zu Gründung<br />

einer neuen Zeitschrift »<strong>Kranke</strong>nhauspsychiatrie« durch Vertreter<br />

der Fachkrankenhausdirektoren, die auch das offizielle<br />

Mitteilungsblatt dieser Gruppierung ist, in der vornehmlich die<br />

Sichtweise der Fachkrankenhäuser veröffentlicht wird, während die<br />

Abteilungen ihre Anliegen am ehesten in der »Psychiatrischen Praxis«<br />

veröffentlichten. 1999 veröffentlichte ein Arbeitskreis der <strong>Kranke</strong>nhausleitungen<br />

psychiatrischer Kliniken in der Bundesrepublik<br />

Deutschland ein »Profil psychiatrischer Kliniken.« Zu diesem Arbeitskreis<br />

gehörte die Bundesdirektorenkonferenz, also die Vertreter<br />

der psychiatrischen Fachkrankenhäuser, die Verwaltungsdirektoren<br />

der Fachkrankenhäuser und die Bundesfachvereinigung<br />

leitender <strong>Kranke</strong>npflegekräfte in der <strong>Psychiatrie</strong>. In diesem Papier<br />

schlägt die Arbeitsgruppe ein zweistufiges stationäres Versorgungsmodell<br />

vor. Er unterscheidet eine wohnortnahe Grundversorgung, die<br />

von einer psychiatrischen Abteilung am Allgemeinkrankenhaus oder<br />

auch vom mittlerweile regional arbeitenden verkleinerten Fachkrankenhaus<br />

angeboten werden kann von einer Schwerpunktversorgung<br />

für bestimmte Zielgruppen. Diese Schwerpunktversorgung<br />

soll ebenfalls im psychiatrischen Fachkrankenhaus angeboten werden.<br />

Als Beispiele werden aufgeführt: stationäre Psychotherapie,<br />

Komorbidität von Psychose und Sucht, Entgiftung von Drogenabhängigen,<br />

psychisch kranke geistig Behinderte, störungs- bzw.<br />

-methodenbezogene Spezialangebote. Die Antwort ließ nicht lan-

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