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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Ausblick<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Verbesserung der Verzahnung<br />

von ärztlicher und pflegerischer Versorgung von gerontopsychiatrisch<br />

Erkrankten der BRD vor allem auf zwei basalen Voraussetzungen<br />

fußt.<br />

Regionalisierung<br />

Je näher eine gerontopsychiatrische Abteilung vor Ort arbeitet, also<br />

aufsuchend und gemeindenah in einem definierten Versorgungsraum<br />

als multiprofessionelles Team, umso besser ist die Erreichbarkeit der<br />

Patientinnen und Patienten. Dies sollte durch eine bundesweit einheitliche<br />

Regelung der <strong>Kranke</strong>nkassen und der Institutsambulanzen<br />

(besser gerontopsychiatrischen Ambulanzen) unter Kenntnis der zuständigen<br />

Kassenärztlichen Vereinigung im Rahmen des § 118 und<br />

120 SGB V auch außerhalb Bayerns erfolgen. Bundesländer wie<br />

Baden Württemberg und Hessen streben eine solche Veränderung<br />

bereits an. Längerfristig ist eine Auflösung der großen psychiatrischen<br />

Landes- und Bezirkskrankenhäuser anzustreben und eine<br />

Kommunalisierung der <strong>Psychiatrie</strong>, wie in anderen medizinischen<br />

Fachdisziplinen, als Anbindung an Allgemeinkrankenhäuser im Sinne<br />

der Gemeindenähe dringend zu fordern.<br />

Spezialisierung<br />

Klaus Nißle<br />

Lösungen vor Ort erfordern Kompetenz. Da in der Altenpflegeausbildung<br />

bundesweit nach wie vor Gerontopsychiatrie nur einen marginalen<br />

Anteil der Ausbildung ausmacht, bedarf es hier einer umfassenden<br />

bundesweiten Reform der zu vermittelnden Inhalte (ca.<br />

60–80 % aller Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner leiden unter<br />

gerontopsychiatrischen Erkrankungen). Neben der Ausbildung<br />

in der Altenpflege bedarf es einer fachlichen Fort- und Weiterbildung<br />

für sämtliche im Altenbereich tätigen Berufsgruppen. Im Bereich<br />

der Alten- und <strong>Kranke</strong>npflege sowie der Heilerziehungspflege<br />

wurde in Bayern aktuell eine bayernweit gültige Weiterbildung zur<br />

gerontopsychiatrischen Fachpflege für ca. 10 % des Pflegepersonals<br />

verabschiedet, die auf einer für alle Pflegekräfte verbindlichen Qualifizierung<br />

(320 Std. Fortbildung nach Abschluss des Examens) fußt.<br />

146 147<br />

Auch im Bereich der Medizin ist zur Verbesserung der Verzahnung<br />

eine bessere Ausbildung der Hausärztinnen und -ärzte notwendig,<br />

da nach wie vor immer wieder z.T. eklatante Defizite in der<br />

Grundversorgung deutlich werden (nach einer Studie von Weyerer<br />

werden ca. 72 % der Psychopharmakagaben in Pflegeheimen durch<br />

Hausärztinnen und -ärzte verordnet, nur 46 % hiervon sind indiziert).<br />

Es sollte also über die Bundesärztekammern eine für die Hausärztinnen<br />

und -ärzte, die das Fundament der medizinischen Versorgung<br />

in Deutschland darstellen, z.B. im Rahmen der Klinischen<br />

Geriatrie angebotene Weiterbildung erarbeitet werden.<br />

Auch in der Fachärztinnenausbildung bedarf es einer Spezialisierung<br />

des Bereichs Gerontopsychiatrie, da aktuell nur ca. 30–40 %<br />

aller in der Fachärztinnenausbildung befindlichen Kolleginnen und<br />

Kollegen überhaupt in der Gerontopsychiatrie irgendwann während<br />

ihrer Ausbildung tätig sind. Ein Schwerpunkt Gerontopsychiatrie,<br />

wie von der DGPPN bereits im Vorstand beschlossen, sollte daher<br />

bei einem der nächsten Ärztetage installiert werden, um eine bessere<br />

Weiterbildung zum Facharzt/zur Fachärztin für <strong>Psychiatrie</strong> zu<br />

gewährleisten.<br />

Literatur<br />

Verzahnung ärztlicher und pflegerischer Versorgung<br />

von gerontopsychiatrisch Erkrankten<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR JUGEND, FAMILIE, FRAUEN UND GESUNDHEIT<br />

(Hrsg.): Empfehlungen der Expertenkommission der Bundesregierung<br />

zur Reform der Versorgung im psychiatrischen und psychotherapeutisch/<br />

psychosomatischen Bereich auf der Grundlage des Modellprogramms<br />

<strong>Psychiatrie</strong> der Bundesregierung. Bonn 1988<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG (Hrsg.): Bericht über die Lage der <strong>Psychiatrie</strong> in<br />

der BRD – Zur psychiatrischen und psychotherapeutisch/psychosomatischen<br />

Versorgung der Bevölkerung. Drucksache 7/42000 und 7/4202,<br />

Bonn, Heger, 1975<br />

DIEKMANN, U., NIßLE, K.: Zur extramuralen Versorgungssituation gerontopsychiatrische<br />

Abteilungen/Kliniken in der BTD, in: Psych. Praxis1996,<br />

23: 180–186<br />

WEYERER, S.: Arzneimittelmissbrauch in Altenpflegeheimen in: HIRSCH<br />

R.D.: Gewalt in der Pflege: ein drängendes gesellschaftliches Problem,<br />

bislang unveröffentlicht

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